Die Landtagswahlen am 13. März „Super Sunday“ - Warum die Landtagswahlen eine Zäsur werden können

Flüchtlingskrise ohne Ende, eine wachsende Rechte und eine zerrüttete Koalition. Am 13. März werden drei Landtagswahlen auch Auskunft über die Stimmung im ganzen Land geben. Verändert sich die Republik?

Kopf-an-Kopf-Rennen in Rheinland Pfalz? Klöckner (CDU,l) und Dreyer (SPD).

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Berlin. Für Niederlagen will keiner gern verantwortlich sein. So basteln Strategen von CDU und SPD im Bund bereits an Analysen für den Tag nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt. Es werden Argumente gesammelt, warum die Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Sigmar Gabriel (SPD) gar nicht Schuld an vielleicht historischen Schlappen ihrer Spitzenkandidaten sind. Gleich wie die Ergebnisse aussähen - weder Merkel noch Gabriel würden deswegen zurücktreten.

Dennoch nutzen Kanzlerin und Vizekanzler jede Gelegenheit, Punkte für ihre Parteien in der alles beherrschenden Flüchtlingskrise zu sammeln. In der ARD-Sendung „Anne Will“ erklärt Merkel zwei Wochen vor den Wahlen einem Millionen-Publikum eine Stunde lang, warum sie an einer europäischen Lösung festhält. Ob mögliche Ergebnisse beim EU-Türkei-Sondergipfel die Wähler noch beeindrucken, ist ungewiss.

Gabriel zieht eine andere Karte. Er greift Stimmungen von Bürgern auf, die das Gefühl haben, dass die Regierung alles für Flüchtlinge und nichts für einheimische Bedürftige tue. Um jenen solche Ängste zu nehmen, fordert er ein „neues Solidarprojekt“, (noch) mehr Geld für Kitas, Sozialwohnungen und Rentner.

Beide wissen: Wenn es schiefgeht, bekommen sie noch mehr Probleme. Verliert die CDU ihr Stammland Baden-Württemberg an die Grünen, bleibt Winfried Kretschmann als männlicher Merkel Ministerpräsident (er „betet“ für ihr Durchhalten in der Flüchtlingspolitik), wäre das für die Kanzlerin ein Schlag ins Kontor.

Die SPD, die in der Flüchtlingspolitik eisern die Kanzlerin stützt, würde sich freuen. Dabei schwankt die Ausgangslage der Genossen für den 13. März von bescheiden bis katastrophal. Büßt die SPD nach einem Vierteljahrhundert in Mainz die Macht ein, wird in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt nur noch knapp zweistellig und bleibt im Nordosten gar hinter der rechtspopulistischen AfD zurück? Das würde am Selbstwertgefühl einer geschrumpften Volkspartei empfindlich kratzen. Und wäre kein gutes Omen für Gabriels angestrebte Kanzlerkandidatur.

Oder kommt es anders? Immerhin hat SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Mainz laut Umfragen den einst zweistelligen Abstand zur CDU-Frau Julia Klöckner auf ein bis zwei Punkte verkürzt.

Vieles scheint nach dem 13. März möglich - mit Koalitionen, bei denen sich die Republik die Augen reibt. Die drei Landtagswahlen sind kleine Volksabstimmungen über die Flüchtlingspolitik und vielleicht ein Vorgeschmack auf einen Sechs-Parteien-Bundestag 2017. Wo selbst Union und SPD zusammen keine Mehrheit mehr hinter sich haben, was in Sachsen-Anhalt passieren könnte.

Grün-Schwarz in Stuttgart? Oder doch eher eine schwarz-rot-gelbe Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP? Die Liberalen scheinen auf gutem Weg, wieder ein politischer Faktor zu werden. Holen sie im großen Baden-Württemberg 7 bis 8 Prozent, wäre das Rückenwind für FDP-Chef Christian Lindner auf dem Weg zurück in den Bundestag.

Die Grünen sind dicht dran an der Sensation. Erstmals in ihrer Geschichte können sie stärkste Kraft bei einer Landtagswahl werden. Ein Kretschmann beweist, dass der grüne Höhenflug nach der Atomkatastrophe von Fukushima keine Eintagsfliege war. Aber: Auf den Kandidaten kommt es an. Im Bund dümpeln die Grünen bei 10 Prozent, Kretschmann könnte auf 32 Prozent kommen.

Der sich abzeichnende klare Einzug der AfD in alle drei Landtage erhöht den Handlungsdruck auf die Berliner Koalition. Am Sonntag fuhren die Rechtspopulisten bei den Kommunalwahlen in Hessen teils zweistellige Erfolge ein, könnten sogar dritte Kraft hinter CDU und SPD werden.

Gibt es keine europäische Lösung, gehen die Flüchtlingszahlen nicht dauerhaft zurück und patzt Schwarz-Rot bei der Integration, dürfte die AfD weiter Auftrieb bekommen. Frühere Wahlen zeigten aber, dass rechte Protestparteien sich in der praktischen Parlamentsarbeit oft durch Unfähigkeit aufreiben und entzaubern.

Für die Union bleibt die AfD ein Stachel im Fleisch. Gerade ihr wird angekreidet, dass sie den bundesweiten Aufstieg der Rechtspopulisten nicht verhindert hat. Und dabei wollten CDU und CSU doch nie eine demokratisch legitimierte Partei rechts von sich zulassen. In fünf Landesparlamenten sitzt die AfD jetzt schon. Künftig dürften es acht sein. Das ist für die Union eine neue, schlechte Erfahrung.