Sean Spicer rudert zurück Trumps Sprecher gibt sich zahm
Washington. Breitschultrig steht er da, wie ein Offensivverteidiger beim Football. Sean Spicer wirkt kurz nervös, er versucht es mit einem Witz über sich selbst. Es wirkt bemüht. Die erste reguläre Pressekonferenz von Donald Trumps Sprecher steht unter besonderer Beobachtung, nachdem der 45-Jährige am Samstag einen bizarren Auftritt hingelegt hatte, bei dem er in weniger als sechs Minuten fünf Mal log.
Die Aufmerksamkeit ist gewaltig, bis in den Flur vor den Presseraum drängen sich die Journalisten am Montag. Spicer wirkt professioneller als am Samstag, als er in aggressivem Ton und schnellem Tempo ein vorbereitetes Statement vortrug, die Journalisten beschimpfte und keine Fragen zuließ. Als er davon sprach, dass Trump das größte Publikum angezogen, das jemals Zeuge einer Vereidigung war - sowohl vor Ort, als auch rund um den Globus.
Der große Schlagabtausch bleibt am Montagmittag erst einmal aus. Es vergehen mehr als zwanzig Minuten, bevor Spicer sich dem heiklen Thema stellen muss. Ob er die Absicht habe, von dem Podium aus immer die Wahrheit zu sagen, will ein Reporter schließlich von ihm wissen. Der 45-Jährige versichert, dass er immer ehrlich sein wolle. „Unsere Absicht ist es, Sie nie anzulügen“, sagt er und fügt hinzu: „Manchmal werden wir die Fakten unterschiedlich interpretieren.“
Spicer räumt ein, dass er am Samstag falsche Zahlen über die U-Bahnfahrten am Tag der Amtseinführung vorgelegt habe. Das Organisationskomitee habe ihm diese bereitgestellt, er habe sie nicht erfunden. Aber er bleibt dabei, dass es die meistgesehene Amtseinführung gewesen sei. Er meine damit allerdings alle Zuschauer, nicht nur die vor Ort, sondern auch die vor den Bildschirmen. Er zählt die Komponenten jetzt zusammen. Er suggeriert, dass er das auch am Samstag schon getan habe.
Spicer sagt, es gehe ihm um ein „gesundes Verhältnis“ zum Pressekorps. Er wiederholt seine Aussage, dass diese Beziehung keine Einbahnstraße sei und dass er den Medien ebenfalls Rechenschaft abverlangen werde. Er sagt, man müsse ehrlich sein zum amerikanischen Volk. Die Medien würden auch Fehler machen. Man kann dahinter auch eine Warnung an die Journalisten sehen, dass man nicht auf sie angewiesen sei und sie bloßstellen werde.
Bei der Pressekonferenz geht es ihm immer wieder auch darum, die Regeln im Umgang miteinander abzustecken. Das Spielfeld zu bereiten. Spicer steht zwischen einem Präsidenten, der die Fakten noch verdreht, wenn er schon der Lüge überführt ist, und einer Presse, die noch dabei ist, den richtigen Umgang mit ihm zu finden.
Trumps Sprecher hat eine sehr genaue Vorstellung davon, welche Rolle die Journalisten dabei einnehmen sollten. Das wird besonders deutlich, als der CNN-Journalist Jim Acosta von ihm wissen will, warum die Zuschauerzahlen überhaupt so ein großes Thema gewesen seien.
Spicer holt zu einer großen Verteidigungsrede aus. Es gehe nicht um Zahlen, es gehe darum, dass die Journalisten Trump nie eine faire Chance gegeben hätten. Sie hätten ihn schon als Kandidat nicht ernst genommen, sie würden es auch jetzt nicht tun. „Es gibt dieses konstante Leitmotiv, die enorme Unterstützung, die er hat, zu untergraben.“ Es sei zermürbend, den Fernseher anzuschalten, und stets negative Geschichten zu hören.
Trump sieht sich seit langem als Opfer einer großen Medienverschwörung gegen ihn. Es war Acosta, der das vor wenigen Tagen besonders deutlich zu spüren bekam, als der Republikaner ihn bei einer Pressekonferenz vor den Augen der Weltöffentlichkeit runter machte.
Spicer hat den Ton seines Chefs perfekt verinnerlicht. Er diktiert den Reportern seine Sichtweise, und benutzt dabei eins zu eins die Worte, die auch Trump immer verwendet. Der Präsident habe eine „gewaltige“ Anzahl von Anrufen von Staats- und Regierungschefs erhalten, die Begeisterung weltweit sei „gewaltig“, die Unterstützung von Gewerkschaftern ebenfalls.
Der Sprecher stellt auch neue Regeln auf. Er bricht mit der Tradition, dass die Nachrichtenagentur ap die erste Frage bei der Pressekonferenz stellen darf. Die erste Reihe ignoriert er zunächst - dort sitzen die Vertreter der großen Medien und Nachrichtensender. Das Wort hat zunächst die „New York Post“, eine konservative Boulevardzeitung aus dem Medienimperium von Rupert Murdoch. Dann kommt das Christian Broadcasting Network dran, ein christlicher Fernsehsender. Das ist ein deutliches Signal an die liberalen Medien.
Aber Spicer lässt auch mehr Fragen zu als üblich, und seine Antworten sind kürzer als die seines Vorgängers Josh Earnest, der oft zu langen Ausführungen ausgeholt hatte. Trumps Sprecher ist um Schadensbegrenzung bemüht. Nach seinem Auftritt am Samstag blieb der Eindruck zurück, es werde nahezu unmöglich sein, über das Weiße Haus zu berichten, weil sich der Pressestab nicht um Fakten schert. Diese Sorgen hat er zumindest ein wenig zerstreut.