Vier Fragen an Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB
Herr Hoffmann, Sie sind selbst SPD-Mitglied. Fürchten Sie um die Existenz der Partei, sollte sie erneut eine große Koalition eingehen?
Rainer Hoffmann: Das hat mit einer Regierungsbeteiligung weniger zu tun. Wenn man sich in Europa umschaut, dann ist die Sozialdemokratie in den letzten Jahren auch dort stark erodiert. Die Menschen haben ein großes Misstrauen gegenüber etablierten Parteien, auch gegenüber der SPD. Deshalb müsste sie mit einem viel mutigeren Programm nach vorn gehen, als sie das in der Vergangenheit getan hat. Dann wäre mir auch vor der Neuauflage einer großen Koalition nicht bange.
In der letzten Wahlperiode hat die SPD den Mindestlohn durchgesetzt. Gibt es heute ein ähnlich plakatives Projekt?
Hoffmann: Ein vergleichbares Projekt ist die Sicherheit bei der Arbeit der Zukunft. Dafür hat die SPD bereits eine gute programmatische Grundlage.
Was müsste dazu in einem neuen schwarz-roten Koalitionsvertrag aus Sicht des DGB unbedingt drinstehen?
Hoffmann: Die Mitbestimmung in den Betrieben muss dringend gestärkt werden. Es kann auch nicht sein, dass jeder zweite Arbeitsvertrag, der 2016 abgeschlossen wurde, ein befristeter Arbeitsvertrag war. Außerdem brauchen wir eine Stabilisierung der gesetzlichen Rente, mindestens auf dem heutigen Rentenniveau. Und wir müssen zur jeweils hälftigen Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurückkehren. Notwendig ist am Ende eine Bürgerversicherung, in die alle Menschen einzahlen.
Könnten sich die Gewerkschaften auch mit einer Minderheitsregierung anfreunden?
Hoffmann: Nein, eine Minderheitsregierung wäre viel zu instabil. vet