NRW-Grüne Landesdelegiertenkonferenz Volker Beck: „In dieser Situation will ich nicht kneifen“

Köln/Oberhausen. Ab heute Abend stimmen die NRW-Grünen in Oberhausen über ihre Kandidaten-Liste für den Bundestag ab. Volker Beck, ebenso streitbarer wie umstrittener Kölner Bundestagsabgeordneter seit 1994, steht bislang nicht auf der Liste — und strebt eine Kampfkandidatur an, um in den Bundestag zurückkehren zu können.

Volker Beck strebt beim Landesparteitag der NRW-Grünen eine Kampfkandidatur an. Archivbild.

Foto: Bernd Thissen

Mit Volker Beck sprach WZ-Chefredakteur Ulli Tückmantel.

Sie bewerben sich heute Abend um eine Bundestags-Kandidatur ohne Unterstützung Ihres Bezirksverbands. Wie kommt das bei den Kölner Grünen an?

Beck: Die Kölner Grünen haben mir ein Votum für die Kandidatur gegeben, auch drei Landesarbeitsgemeinschaften unterstützen mich. Es gibt von mir das Angebot an die Partei, mit meinen Inhalten unabhängig der regionalen Herkunft zu kandidieren. Ich will gegen die Ideologie der Abwertung kämpfen, die gerade überall erstarkt. Ich will mich einsetzen für die Gleichheit der Verschiedenen als wichtiges Fundament unserer freien Gesellschaft. Die Partei darf jetzt entscheiden, welches Angebot sie annehmen will. Ich gehe da ganz frei und offen rein. Das sind ja unterschiedliche Aspekte: Wo man herkommt, wofür man steht, welches Profil man hat. Das werden die Delegierten abwägen.

Ab welchem Listenplatz muss die Partei heute Abend mit Ihrer Kandidatur rechnen?

Beck: Das halte ich mir offen, das hängt auch ein bisschen von der Dynamik des Parteitags ab.

Warum hat der Bezirksverband Mittelrhein, zu dem auch Köln gehört, Sie nicht aufgestellt?

Beck: Ich habe mich nicht um ein Bezirksvotum beworben. Es ist wichtig, den Prozess der Erneuerung fortzusetzen und eine Verbindung von Erfahrung und neuen Gesichtern zu haben. Deshalb habe ich die Kandidatur unseres Landesvorsitzenden Sven Lehmann unterstützt, der ebenfalls aus Köln kommt, und damit war klar, dass ich mich im Aufstellungsverfahren des Bezirks erst zurücknehme.

Sie polarisieren nicht nur aufgrund der Themen, die Sie vertreten. 2016 gab es das Verfahren wegen des mutmaßlichen Besitzes von harten Drogen. Stünde Ihnen eine politische Auszeit nicht besser zu Gesicht?

Beck: Ich habe zu meinen Fehlern gestanden. Wir sind jetzt in einer Situation, wo von rechts alles infrage gestellt wird, wofür wir in den letzten Jahren gekämpft haben, was wir zum Teil schon für selbstverständlich hielten und was wir noch erkämpfen wollen. In dieser Situation will ich nicht kneifen. Ich will das Angebot machen, weil ich weiß, dass viele Leute mir vertrauen. Es ist die Entscheidung der Parteibasis. So geht Demokratie.

Ihr Amt als innenpolitischer Sprecher haben Sie nach dem Verfahren niedergelegt.

Wollen Sie auf dieses Feld zurückkehren oder konzentrieren Sie sich auf Ihre übrigen Themen, den Kampf für Menschenrechte, die Rechte von Lesben und Schwulen sowie Ihr Engagement für Israel?


Beck: Ich trete als Bürgerrechtler für die gesellschaftliche Perspektive „gleiche Rechte für alle“ an, für ein modernes Einwanderungsgesetz, die Ehe für alle, für eine Staatsbürgerschafts-Reform, die endlich jedes Kind von Migranten und Flüchtlingen, das hier in Deutschland zur Welt kommt als Deutsche willkommen heißt: Willkommenskultur beginnt im Kreißsaal. Das sind alles Punkte von Integration, Inklusion und Gleichberechtigung. Das ist das, wofür ich kämpfe, und natürlich auch für einen fairen Umgang mit Israel, gegen Antisemitismus, gegen Antiziganismus, Homophobie und Rassismus.

Sie haben für Ihre Kandidatur jede Menge prominente Unterstützung bekommen, auch von außerhalb der Grünen. Spricht das an der Parteibasis möglicherweise sogar gegen Sie?

Beck: Niemand ist unersetzbar. Die Unterstützung, für die ich dankbar bin, zeigt, dass ich für viele ein glaubwürdiger Anwalt dieser Themen bin. Das soll aber nicht die Arbeit von anderen in Frage stellen. Ich bin in der Fraktion und der Partei nicht der Einzige, der an diesen Themen arbeitet.

Was machen Sie, wenn es heute Abend schief geht?


Beck: Bundestag ist kein Selbstzweck. Es gibt ein Leben nach dem Mandat. Auch in Zeiten von Trump sollte man sich nicht dafür schämen müssen, sich einer demokratischen Wahl zu stellen.