Wie der Papst die Kirche verändern will

Franziskus gibt in seinem ersten apostolischen Schreiben die Richtung vor.

Rom. Nach acht Monaten im Amt waren schon die ersten Zweifel an Papst Franziskus laut geworden: Will er wirklich etwas ändern oder sind die Ankündigungen des neuen Papstes nur leere Worte? Mit seinem ersten ppostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ (Freude des Evangeliums) hat der Papst jetzt eine eindrucksvolle Antwort gegeben und seinen absoluten Willen zu Reformen bekräftigt.

So deutlich hatte sich Franziskus zuvor noch nie für eine Neuausrichtung der Kirche stark gemacht. Der 76-Jährige fordert eine „heilsame Dezentralisierung“, will mehr Macht für die Ortskirchen und die Bischofskonferenzen und damit die Kirche weniger auf den Vatikan konzentrieren. Selbst eine Reform des Papstamtes bringt er ins Gespräch: Vom Pontifex dürfe man keine „endgültige oder vollständige Aussage zu allen Fragen“ erwarten.

Auf 200 Seiten spricht der Argentinier gleich eine Reihe bedeutsamer Themen an — von einer Kirche, die sich mehr für Schwache und Arme einsetzt über die Kritik am Kapitalismus bis hin zu Fragen wie Abtreibung oder Frauen im Priesteramt. An dieser Stelle beweist er jedoch, dass auch sein Ruf als Konservativer, der streng im Glauben ist, nicht von ungefähr kommt.

Franziskus macht deutlich, dass die Kirche ihre konsequente Ablehnung von Abtreibung nicht ändern werde und dass Frauen im Priesteramt undenkbar seien — eine klare Absage an die Hoffnungen von Reformkatholiken. Und auch die Kontinuität zu seinem Vorgänger Benedikt XVI. demonstriert Franziskus, indem er den emeritierten Papst zitiert.

„Es ist ein Franziskus-Text“, sagt Bernd Hagenkord, Redaktionsleiter von Radio Vatikan. „Es ist sozusagen die ,Regierungserklärung’ dieses Papstes, während seine erste Enzyklika das Weiterführen eines Projektes seines Vorgängers war.“ Und noch mehr: „Er selber sagt, dass dieser Text eine ,programmatische Bedeutung’ habe, und das ist schon eine ganz starke Aussage.“