Berufseinsteiger: Was nach der Uni aufhören muss
Berlin (dpa/tmn) - Abgabetermine nicht einhalten, herumdiskutieren und unordentlich sein - an der Uni mag das durchgehen. Im Arbeitsleben weht ein schärferer Wind. Berufseinsteigern muss daher klar sein: Für die Lockerheit aus dem Studentenleben ist im Büro kein Platz.
In der Studentenstadt Münster braucht sich der Mittwoch vor dem Samstag nicht zu verstecken: Mittwoch ist der Tag der Studentenpartys. Schafft es einer am Donnerstagmorgen aus dem Bett und schlurft 15 Minuten nach Vorlesungsbeginn leicht verkatert in den Hörsaal, gilt er eigentlich immer noch als engagiert und vorbildlich. Immerhin ist er anwesend. An der Uni ticken die Uhren eben ein wenig anders. Ständig zu spät ins Büro zu kommen, gibt dagegen schnell Ärger. Berufseinsteiger müssen sich daher manche schlechte Angewohnheit aus dem Studentenleben abgewöhnen.
Es muss dabei nicht immer gleich ein großer Fehltritt sein, der die Studentenmentalität einiger Berufseinsteiger entlarvt. Manchmal genügen auch kleine, unbewusste Gesten, um dem Chef zu signalisieren, dass man für die Anschlussanstellung nach dem Jahresvertrag noch nicht reif ist. „Studenten haben an der Uni in einem eigenen System gelebt“, sagt die Karriereberaterin Nandine Meyden aus Berlin, die einen Ratgeber über Karrierekiller geschrieben hat.
Zu den Relikten dieses eigenen Systems gehört zum Beispiel die Körperhaltung: Auf dem Stuhl zu lümmeln, ist in der Uni ganz normal. Im Büro gilt das aber nicht. „Gerade wenn die Atmosphäre generell informell ist, dann entspannen die sich innerlich, und dann flegeln die sich genauso auf den Stuhl, wie sie das auch in der Vorlesung oder der Kneipe machen“, sagt Meyden. Selbst beim Stehen können sie etwas falsch machen: In einer offiziellen Runde die Hände in die Hosentaschen zu stecken, könne zu große Lässigkeit oder Respektlosigkeit signalisieren.
Ein typischer Fehler passiert oft schon beim Begrüßen. „Sie können mich ruhig duzen“ - so stellen sich manche Einsteiger am ersten Tag einem Kollegen vor, der ihnen übergeordnet ist. „Das geht so gar nicht“, sagt Meyden. Klar, in der Uni durften Studenten viele Dozenten auch duzen. „Aber in Unternehmen sind Hierarchien sehr wichtig.“ Deshalb haben gerade Neulinge im Unternehmen allen Mitarbeitern gegenüber eine Grußpflicht, sagt Lis Droste, Etikette-Trainerin aus Frankfurt am Main. „Aber Vorsicht: Grüßen ist nicht begrüßen“, warnt sie. Grüßen geschehe verbal, begrüßen mit Handschlag. „Begrüßen muss immer vom Vorgesetzten ausgehen.“
Auch ewiges Diskutieren kann im Beruf schnell zu viel des Guten sein. Kritisches Hinterfragen ist an der Uni zwar erwünscht - wer aber bei seinen ersten Arbeitsaufträgen gleich eine Grundsatzdebatte startet, bekommt schnell Probleme. „Gerne mitdenken, aber diskutieren eher weniger“, rät Claudia Schoder vom Career Center der Universität Leipzig daher.
Auch vermeintliche Kleinigkeiten wie das Trinken aus der Flasche, der unordentliche Schreibtisch oder das unaufgeforderte Hinsetzen im Büro des Chefs könnten zum Problem werden, sagt Droste. Das Univerhalten sei gerade heute im Beruf hinderlicher denn je, warnt auch Meyden. Denn Disziplin und Respekt spielten eine immer größere Rolle. Die Lockerheit im Berufsleben habe sich in den vergangenen Jahren verselbstständigt. „Jetzt gibt es das Problem: Wie kriegen wir den Deckel wieder zu? Deshalb guckt man auch schon bei den Neuen ein bisschen: Was holen wir uns da ins Netz?“
Bei der Teamarbeit können Büroneulinge mit Studentenmentalität ebenfalls leicht anecken. Hat an der Uni einer aus der Referatsgruppe bei seinem Part geschludert, reißen ihn die anderen einfach raus. Im Job sehen Teammitglieder Unzuverlässigkeit weniger locker. „Im Berufsleben ist es sehr oft so: Wenn Dinge nicht rechtzeitig fertiggemacht werden, dann kann die kleinste Zuarbeit das Rädchen sein, das alles zum Bremsen bringt“, sagt Meyden. Wahrscheinlich sage der Chef erstmal nichts, wenn der Neue seine Abgabefrist um ein paar Stunden überzieht. Aber er merkt es sich.
Wie schlimm es ist, wenn ein Berufseinsteiger zu lange Student im Kopf bleibt, hänge vom Job ab, sagt Meyden. „Je mehr es in einer Branche um das Thema Seriosität geht, desto mehr geht das ins Gewicht.“ Auch wer viel Personalverantwortung hat und mit hohen Geldbeträgen arbeitet, sollte den Schlendrian schnell abstellen.
Literatur:
Nandine Meyden: Karrierekiller! Versteckte Fallen auf dem Weg nach oben. 320 S., 14,99 Euro, ISBN-13: 978-3430201186