Das raten Fachleute Sparplan vs. Einmalanlage: Was bringt mehr Rendite?

Ludwigshafen/Stuttgart · Soll eine größere Summe Geld an der Börse investiert werden, stellt sich oft die Frage: Schritt für Schritt oder mit einem Mal? Unter Renditegesichtspunkten gibt es eine klare Empfehlung.

Auf einmal oder in Raten investieren? Experten haben für Menschen, die viel Geld auf der hohen Kante haben, eine klare Empfehlung.

Foto: Christin Klose/dpa-tmn

100.000 Euro geerbt? Oder im Lotto gewonnen? Wer von einem Tag auf den anderen eine größere Summe Geld aufs Konto bekommt, freut sich - steht aber auch vor der Frage: Was mache ich jetzt damit? Wird das Kapital längere Zeit nicht benötigt, ist eine möglichst breit gestreute Anlage in die weltweiten Aktienmärkte eine gute Wahl. Daran ändern auch turbulente Marktphasen nichts.

Aber das ganze Geld auf einmal in Aktien zu investieren, klingt riskant. Also vielleicht doch lieber einen Sparplan damit einrichten, bei dem dann Monat für Monat kleinere Summen angelegt werden? Und welche der beiden Optionen - Sparplan oder Einmalanlage - bringt mehr Rendite? Die folgenden Fragen und Antworten helfen bei der Entscheidungsfindung weiter.

Welche Vorteile hat eine Einmalanlage?

„Anlegen sollte ich dieses Geld sofort“, rät Verhaltensökonom Prof. Hartmut Walz. Der Grund sind die sogenannten Opportunitätskosten. Das sind die Kosten, die einem dadurch entstehen, dass man etwas unterlässt. In diesem Fall wäre es der Verzicht auf Rendite, weil man das Geld nicht gleich oder nicht komplett anlegt.

Zwar schwanken die Kapitalmärkte, was dazu führt, dass nicht jeder Zeitpunkt gleich günstig ist, um Aktien, Fonds, oder ETFs zu kaufen. „Allerdings können auch Kapitalmarktexperten den besten Zeitpunkt für den Kauf von Aktien nicht im Voraus bestimmen“, sagt Hartmut Walz.

Statistiken zu den Aktienmärkten der vergangenen 100 Jahre zeigen aber: langfristig lassen sich mit breit gestreuter Anlage durchschnittliche Renditen von acht bis neun Prozent pro Jahr erwirtschaften. Historisch betrachtet würden die Märkte tendenziell also steigen, sagt Prof. Christine Laudenbach vom Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE in Frankfurt.

„Deshalb erzielt eine sofortige Investition in den meisten Fällen eine höhere Rendite als ein schrittweiser Einstieg“, sagt Christine Laudenbach. Denn wer wartet, dem entgeht im Zweifel ein Teil der Rendite, sollten die Kurse in der Zwischenzeit steigen.

Kann man ausrechnen, wie groß dieser Vorteil ist?

Nimmt man beispielsweise die geerbten 100.000 Euro und legt sie auf einmal in ein Anlageprodukt an, etwa in ETF, Aktien oder Fonds und erzielt eine Aktienrendite von acht Prozent pro Jahr, hat man nach zwölf Monaten 8.000 Euro mehr im Depot.

Legt man die 100.000 Euro dagegen in fünf Teilanlagen zu je 20.000 Euro über ein Jahr verteilt an, gelten die acht Prozent nur für die erste Anlage (20.000 Euro mal 1,08 ergibt 21.600 Euro). Legt man ein Vierteljahr später weitere 20.000 Euro an, bringen diese nur noch 21.200 Euro (20.000 Euro mal 1,06 - da die Summe nur noch ein Dreivierteljahr am Aktienmarkt arbeitet). Bei den Anlagen in den folgenden Quartalen reduziert sich die Rendite entsprechend weiter.

„Wenn ich das Investment über ein Jahr hinweg in fünf Teile aufteile, bleibt mir so ein erwarteter Endwert von 104.000 Euro“, sagt Hartmut Walz, der dieses Beispiel vorrechnet. Diese 4.000 Euro weniger im Vergleich zur Einmalanlage seien natürlich nur ein Durchschnittswert unter der Annahme, dass die Rendite von acht Prozent sich unterjährig exakt gleichmäßig verteilt. In der Praxis ist das höchst unwahrscheinlich. Höhere oder geringere Verluste oder gar Gewinne aufgrund von Kursschwankungen sind darum im Einzelfall nicht auszuschließen.

Reduziert ein Sparplan nicht die Risiken bei der Anlage?

Wenn Banken für Sparpläne werben, dann passiert das häufig unter Verweis auf ein vermeintlich geringeres Risiko - weil Schwankungen am Aktienmarkt durch das regelmäßige Ansparen weitgehend ausgeglichen würden. Zudem sei man nicht dem Timing-Risiko ausgesetzt, also dem Risiko, eventuell einen ungünstigen Einstiegszeitpunkt zu erwischen. Begründet wird das mit dem sogenannten Cost-Average-Effekt, auch Durchschnittskosteneffekt genannt.

Der Bundesverband deutscher Banken veranschaulicht diesen Effekt mit diesem Rechenbeispiel:

  • Jemand spart monatlich 100 Euro über einen ETF-Sparplan.
  • Der Kurs schwankt, weshalb ein Anteil im ersten Monat zehn Euro kostet, im zweiten Monat acht Euro, im dritten Monat zwölf Euro.
  • Im ersten Monat können für die 100 Euro also zehn Anteile gekauft werden, im zweiten Monat 12,5, im dritten Monat 8,33.
  • Bei hohen Preisen bekommt man also weniger Anteile, bei niedrigeren Preisen mehr Anteile.
  • Nach drei Monaten liegt der durchschnittliche Kaufpreis bei 9,73 Euro für die Anteile - und nicht bei zehn Euro, wie es der anfängliche Kurs bei einer Einmalanlage gewesen wäre.

Vereinfacht ausgedrückt besagt der Cost-Average-Effekt also Folgendes: Wenn man einen bestimmten Anlagebetrag in monatlich gleichen Beträgen in einen Fonds investiert, kauft man im Durchschnitt günstiger ein, als wenn man denselben Sparbetrag auf einmal investiert.

Hätte man die 300 Euro in diesem Rechenbeispiel also gleich im ersten Monat investiert, läge der Kaufpreis pro Anteil bei zehn Euro - und damit höher. Im Depot lägen so weniger Anteile.

Genau wissen, tut man es also erst hinterher?

„Wichtig ist dabei der Konjunktiv“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Denn ohne die Kursentwicklung zu kennen, ist nicht abzusehen, in welchem Zeitraum der Sparplan einer Einmalanlage überlegen wäre. Wer etwa erst im zweiten - und nicht schon im ersten - Beispiel-Monat mit seiner Einmalanlage eingestiegen wäre, hätte die Anteile zu je 8 Euro deutlich günstiger erstanden. „Ob eine Einmalanlage oder ein Sparplan vorteilhafter ist, kann also erst im Nachhinein beurteilt werden, nicht im Voraus“, sagt Christine Laudenbach.

Der Mythos, dass eine gestaffelte Investition systematisch bessere Ergebnisse liefere, basiert Laudenbach zufolge auf spezifischen Beispielrechnungen, die gezielt so konstruiert seien, dass sie den Cost-Average-Effekt begünstigen. So wird etwa ein Kursverlauf demonstriert, der zwischenzeitlich günstigere Kaufkurse annimmt - was aber nicht der Fall sein muss.

Also bringt ein Sparplan nichts?

Doch. „Er ist immer dann prima, wenn ich das Geld erst über die Zeit verdiene und monatlich beispielsweise 100 oder 200 Euro zur Seite legen kann“, sagt Hartmut Walz. Also dann, wenn ohnehin keine größere Sparsumme auf einmal investiert werden könnte. In diesem Fall profitiere man vom Cost-Average-Effekt und habe keine Opportunitätskosten, da kein Geld zinslos auf der Seite liege. Hinzu kommt der psychologische Effekt einer disziplinierenden Wirkung.

„Mit einem Sparplan legt man regelmäßig und automatisiert Geld an, ohne sich um kurzfristige Börsenschwankungen sorgen zu müssen“, sagt Niels Nauhauser. Das sei besonders für Einsteiger ein unkomplizierter und pragmatischer Zugang zum Kapitalmarkt. Zumal das Geld dann tatsächlich investiert und nicht für Konsum ausgegeben wird. Der Bundesverband der deutschen Banken hält Sparpläne beispielsweise für die Altersvorsorge für sinnvoll.

Was sich den Experten zufolge nicht rechnet: Das Geld, was man monatlich beiseitelegt, zinslos oder zinsarm anzusparen, um es dann zu einem möglichst günstigen Zeitpunkt als Einmalanlage zu investieren. Denn dann entstehen wieder Opportunitätskosten, die möglichen Vorteilen des Cost-Average-Effekts entgegenstehen.

Kann man einen Sparplan auch mit einer Einmalanlage kombinieren?

Ja, das ist möglich und kann auch sinnvoll sein. Etwa dann, wenn man verfügbares Kapital sofort als Einmalanlage investiert, um die Opportunitätskosten zu vermeiden. Geld, welches erst später nach und nach dazu kommt, etwa aus dem monatlichen Einkommen, lässt sich dann zusätzlich mit Hilfe eines Sparplans anlegen.

Ein schrittweises Anlegen von bereits vorhandenem Kapital hat dagegen vor allem einen psychologischen Effekt. „Größere Summen auf einmal zu investieren, erfordert Mut, vor allem bei schwankenden Märkten“, sagt Vivien Rottka vom Bundesverband deutscher Banken. Ähnlich beurteilt es auch Christine Laudenbach. „Der eigentliche Vorteil liegt auch hier nicht in einer besseren Rendite, sondern darin, emotionale Barrieren beim Investieren zu verringern.“

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(dpa)