Bloß nicht piepsen - Richtig vortragen im Job
Rottenburg (dpa/tmn) - Einen Vortrag vor 10 oder sogar 100 Leuten halten? Bei dem Gedanken kriegen viele erst mal feuchte Hände. Dabei gehört es in vielen Berufen dazu, überzeugend vor anderen sprechen zu können.
Nur: Wie geht das?
Die Stimme bebt, der Zettel in der Hand zittert - das sagt eigentlich schon alles. Denn wenn jemand so vor Kollegen vorträgt, wissen sie sofort: Der ist total nervös. Das wirkt schnell peinlich. Und die beste Idee findet kein Gehör, wenn Berufstätige sie nicht überzeugend präsentieren können.
Oft entscheidet schon die Stimmlage über den Eindruck der Zuhörer: Nervöse Menschen haben eine höhere Stimme als sonst. Das liege daran, dass die Muskeln im ganzen Körper angespannt seien, auch die Muskeln und Bänder im Kehlkopf, erklärt Brigitte Teuchert von der Deutschen Gesellschaft für Sprechwissenschaft und Sprecherziehung (DGSS). Der Mensch empfinde aber eine tiefe Stimme als angenehmer.
Der Grund: Auch wenn Aggressionen oder Emotionen im Spiel sind, passiert physiologisch dasselbe - die Stimme wird höher. Für die Zuhörer wirkt das sofort negativ. „Man denkt: "Klingt irgendwie unangenehm." Dann wehrt man sich auch gegen die Inhalte“, sagt Teuchert. Uwe Schürmann von der Deutschen Vereinigung für Atemrhythmisch Angepasste Phonation (DVAAP) bestätigt das: „Wenn ich das Gegenüber nicht so entspannt erlebe, deute ich das: Warum ist der so nervös? Fühlt der sich unwohl?“ Der Zuhörer bekomme automatisch das Gefühl, der Redner stehe nicht hinter seiner Botschaft.
„Das ist ein Phänomen, das dem Sprecher oft nicht bewusst ist“, hat Teuchert beobachtet. Der erste Schritt zur Lösung des Problems sei bereits, es sich bewusst zu machen. Bemerkbar macht sich die Nervosität laut Schürmann auch durch Stressatmung, die im Gegensatz zur Ruheatmung flacher ist. Mit dem Luftholen hebt und senkt sich dabei nicht so sehr die Bauchdecke, sondern eher der Brustkorb. Wer merkt, dass der Stress kommt, sollte schon vor dem Vortrag gegensteuern und einen tiefen Ton erzeugen - „teddybärbrummartig“ nennt Schürmann das. Dabei langsame Kaubewegungen machen, Lippen locker lassen, Zähne nicht aufeinanderbeißen. Nach einigen Sekunden sollte der Redner aus dem Brummton heraus den ersten Satz seiner Rede sprechen. Das entspanne den Kehlkopf.
Aber nicht nur die Stimme ist entscheidend für einen überzeugenden Vortrag. Auch der falsche Umgang mit Charts oder Folien kann eine Präsentation ruinieren. „Dreh dem Publikum nie den Rücken zu! Sprich nie mit dem Chart!“, warnt Peter Heinz Ditko, Leiter der Deutschen Rednerschule. Außerdem sollten die Charts nicht zu voll sein: „Eine ganze Seite Text ist eine Beleidigung für das Publikum“, erklärt Ditko. Besser seien wenige Schlagworte.
Außerdem sollten die Sprechgeschwindigkeit und das Tempo, in dem der Vortragende seine Charts durchklickt, aufeinander abgestimmt sein, rät Ditko. Sinnvoll sei etwa ein Chart pro zwei Minuten Redezeit. Dabei gilt: „Sprich nie zu schnell!“ Schnellen Rednern kann das Publikum nicht folgen. Ebenso tödlich ist es, übermäßig langsam zu sprechen. Besser sei es, kurze Sätze flott durchzusprechen, rät Teuchert.
Stimmsenkungen und Pausen geben den flott vorgetragenen Sätzen Struktur. In entspannten Alltagssituationen senke der Mensch automatisch nach jeder Sinneinheit die Stimme und mache eine kurze Pause, erklärt Teuchert. Bei Vorträgen vergessen das viele, denn sie wissen ja schon, welche Sinneinheit als nächstes folgt - im Gegensatz zu den Zuhörern. Eine Sinneinheit sollte etwas weniger als 10 Sekunden dauern. „In 3 Minuten sollten es schon 18 bis 20 Stimmsenkungen gewesen sein“, sagt die Expertin. In Kombination mit Pausen bieten sie dem Publikum nicht nur Gelegenheit, das Gesagte zu reflektieren und zu speichern. Deutliche Stimmsenkungen sind auch Glaubwürdigkeitsmerkmale. „Das strahlt Seriosität aus.“
Piepsige Stimme, Angst vor Menschen, null Stressresistenz - gibt es auch hoffnungslose Fälle? „Nein, aber es gibt Menschen, die müssen mehr Aufwand betreiben als andere“, sagt Schürmann. Das kann zwei Gründe haben: physische wie eine von Natur aus hohe Stimme, oder Erfahrungen in Kindheit und Jugend. „Wer immer am besten durchgekommen ist, wenn er leise und zurückhaltend war, verhält sich später auch so.“ Er hält also auch seine Vorträge leise und zurückhaltend - für Zuhörer die Hölle.
„Der kann aber auch anders“, sagt Schürmann. Das brauche Disziplin und die Bereitschaft, sich sehr ungewohnt zu verhalten. Nicht nur das eigene neue Verhalten sei dann ungewohnt, auch die Reaktionen darauf werden völlig neu sein. „Da kriegen viele zunächst einen Schreck.“
Bei vielen Rednern gefürchtet ist der Frosch im Hals. Wieder sei vermutlich Anspannung die Ursache, sagt Teuchert. „Nicht räuspern“, ist ihr Tipp. Besser sei schlucken. Bleibt vor Schreck die Spucke weg, hilft auch ein Wasserglas auf dem Rednerpult. Schlucken entspanne den Kehlkopf. „Das dauert auch nicht länger als Räuspern und ist auch noch ein angenehmeres Gefühl.“