Alltag eines Rechtsanwalts Der Jurist: Über nackte Angeklagte und schräge Verbrechen
Köln (dpa/tmn) - Patrick Klinkhammer (33) arbeitet als Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in einer Kanzlei in Köln. Zuvor war er unter anderem als Staatsanwalt tätig. Über das Leben als Jurist.
Mussten Sie als Staatsanwalt einmal jemanden laufen lassen, den Sie für schuldig hielten?
Der Staatsanwalt macht ja das Ermittlungsverfahren. Wenn jemand freigesprochen wird, entscheidet das am Ende der Richter. Ebenso, ob ein Beschuldigter aus der Untersuchungshaft entlassen wird. Vorgekommen ist, dass jemand in Untersuchungshaft war, die Beweislast meiner Meinung nach erdrückend war und derjenige dann aus der Untersuchungshaft entlassen wurde. Es musste ein Gutachten zur Identitätsfeststellung eingeholt werden, was je nach Bundesland etwas länger dauern kann, so dass der Haftrichter sagt: Jetzt können wir den Haftbefehl nicht mehr aufrechterhalten, weil das zu lange dauert und die Untersuchungshaft nicht bis dahin fortdauern kann.
Was ist das schrägste Verbrechen, das Ihnen untergekommen ist?
Es waren einige schräge Sachen dabei. Es gab einmal jemanden, der eine klassische Serie von Überweisungsbetrügereien begangen hat. In dem Fall hat man die Girokontodaten einer Person, fälscht die Unterschrift auf dem Überweisungsträger und lässt dann Geld auf ein Konto im Ausland oder auf ein Konto unter falschem Namen überweisen. Der Täter in dem besagten Verfahren hat jedoch das Geld stets auf sein eigenes Konto überwiesen, welches er auf seinen richtigen Namen angelegt hatte. Das war recht dumm.
Ich hatte auch mal die schräge Situation, dass ein Angeklagter nackt zur Verhandlung erschienen ist. Er war schon zuvor inhaftiert gewesen und hatte dann in der Haftanstalt ein weiteres Delikt begangen. Aus Protest gegen den Rechtsstaat wollte er bei der Verhandlung nichts anziehen und wurde dann splitterfasernackt in den Gerichtssaal geführt. Das war für alle ein einmaliges Ergebnis.
Sind Gesetz und Gerechtigkeit dasselbe in ihren Augen?
Grundsätzlich kommt oft die Kritik am deutschen Strafrecht dahingehend auf, dass die Gesetze nicht streng genug seien. Das sehe ich nicht. Der Richter hat einen großen Spielraum, und es gibt nur wenige Gesetzeslücken. In den Fällen, in denen es um Kapitaldelikte wie Mord und Totschlag geht, kann es aus der Sicht der Hinterbliebenen des Opfers kein gerechtes Urteil geben. Das, was durch die Tat angerichtet wurde, kann durch kein Urteil dieser Welt wieder gutgemacht werden.