Deutschland sucht dringend Fahrer

Berlin (dpa) - Sie bringen Menschen und Waren jeden Tag von A nach B: Bus-, U- und Straßenbahnfahrer, Lokführer, Kraftfahrer und Piloten. Vor allem im öffentlichen Nahverkehr steige der Bedarf an Fahrpersonal, erklärt der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen(VDV) in Berlin.

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Das Angebot von Bahnen und Bussen werde immer weiter ausgebaut. Viele der Fahrer stehen nach VDV-Angaben jedoch kurz vor dem Ruhestand - gibt es genügend Nachrücker für die Stellen?

Lokführer: In das Führerhäuschen einer Eisenbahn zieht es offenbar nur wenige Menschen. „Es gibt deutlich zu wenig Bewerber“, sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL). Bundesweit fehlten 800 bis 1000 Lokführer. Der Markt sei leer gefegt. Schicht-und Wechseldienst machen den Beruf wenig attraktiv. Zudem seien von den Arbeitgebern in den vergangenen Jahren zu wenige Lokführer ausgebildet worden, kritisiert die GDL.

Die Deutsche Bahn kündigte an, in diesem Jahr 1200 Lokführer einzustellen. Über alle Ausbildungsjahre hinweg gebe es derzeit rund 1000 Lokführer-Azubis, sagt eine DB-Sprecherin. Das Unternehmen hoffe, dass alle Stellen besetzt werden können. Ob das klappt, zeige sich aber erst gegen Jahresende. Generell gebe es viele Bewerbungen und Interesse an den Jobs. Gerade in Ballungsräumen wie Stuttgart und München fehlen nach Angaben der Sprecherin jedoch Bewerber.

Strassen- und U-Bahn-Fahrer: Besser sieht es in den Fahrerkabinen von Straßen- und U-Bahnen aus. „Wir haben genügend Bewerber“, sagt eine Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Das Durchschnittsalter der rund 6000 BVG-Fahrer liege jedoch knapp unter 50 Jahren. „Wir sind immer auf der Suche nach jungen Leuten.“ Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bekommt ebenfalls pro Jahr mehr als 2000 Bewerbungen. „Wir bilden auch laufend selber aus“, sagt ein MVG-Sprecher. Der Bedarf an Fahrern steige jedoch weiter - da für viele der Ruhestand näher rückt. Erschwerend hinzu käme bei der Suche nach Azubis aber die angespannte Wohnungssituation in der bayerischen Landeshauptstadt, so der MVG-Sprecher. Einige Bewerber schrecke das ab.

Busfahrer: Viele Plätze hinter Lenkrädern könnten bald leer bleiben. Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO) verzeichnet Bewerbermangel. „Es fehlen akut 2000 Busfahrer“, sagt ein Sprecher des Verbands, der nach eigenen Angaben 3000 private und mittelständische Unternehmen aus dem Bereich Personennahverkehr, Bustouristik und Fernlinienbus vertritt. In den nächsten Jahren gebe es sogar 10 000 Busfahrer zu wenig - Grund sei der Fachkräftemangel, erklärt der BDO-Sprecher. „Die Situation war absehbar, da viele ältere Busfahrer in den Ruhestand gehen.“ Mit der Kampagne „Beweg was - Werd Busfahrer“ versucht der Verband derzeit, mehr jungen Bewerbern eine Ausbildung als Berufskraftfahrer schmackhaft zu machen.

Fernfahrer: Auch im Bereich des Güterverkehrs gibt es zu wenig Bewerber. „Es fehlen Kraftfahrer, die Resonanz ist nicht so riesig“, sagt Wolfgang Westermann, Präsident der Bundesvereinigung der Berufskraftfahrerverbände Deutschlands (BdBV) mit Sitz in Wuppertal. Wie viele Fahrer bundesweit genau fehlen, kann er nicht genau beziffern. Aber allein im Raum Duisburg gebe es in den kommenden Jahren etwa 3000 Kraftfahrer zu wenig, erklärt Westermann. Im vergangenen Jahr befanden sich nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) aber nur 7079 junge Menschen in der Ausbildung zum Berufskraftfahrer, die insgesamt drei Jahre dauert. Manche Speditionen versuchten wegen des Nachrücker-Mangels, ihre Fahrer erst später in den Ruhestand zu schicken, sagt Westermann. Andere suchten mittlerweile EU-weit nach Fahrern.

Piloten: Ganz anders ist die Lage bei den Piloten in Deutschland. „Nach unseren Informationen ist der Markt an Piloten gesättigt“, erklärt Uwe Harter von der Vereinigung Cockpit. Tausende europäische Piloten suchten händeringend nach einer Anstellung, freie Stellen gebe es vergleichsweise wenig. Rund 900 Absolventen der Lufthansa-Flugschule stehen nach Angaben der Pilotenvereinigung schon auf dem Markt bereit. Hohe Nachfrage gebe es jedoch aus Asien und den USA. „Das entlastet den Markt hier in Europa im Sinne der „Suchenden“ aber nicht, da eben nur Piloten mit mindestens drei bis fünf Jahren oder gar deutlich mehr Erfahrung benötigt werden.“ Zusammen mit den hohen Ausbildungskosten, die nach Angaben des Verbands bei bis zu 200 000 Euro liegen können, schrecke diese Situation junge Bewerber ab.