Regeln und Rechte Lust oder Last? Wenn der Resturlaub zum Streitfall wird
München/Berlin (dpa) - Der Jahreswechsel naht in großen Schritten, und viele Firmenchefs und Personaler werfen jetzt bange Blicke auf die Urlaubspläne ihrer Beschäftigten.
Sind alle Tage genommen oder fest verplant - oder sitzen die Mitarbeiter noch auf ganzen Bergen von Resturlaub? Falls ja, kann das in manchen Unternehmen für Ärger sorgen. Denn für nicht genommene Urlaubstage müssen Rückstellungen gebildet werden, um die Arbeitnehmer im Falle eines Falles auszubezahlen - Geld, das erst einmal auf Eis liegt und nicht für andere Ausgaben zur Verfügung steht.
Ausgerechnet die schönsten Tage des Jahres werden so manchmal auch zum Streitfall. Denn manche Mitarbeiter horten ihren Urlaub für alle Eventualitäten und fallen dann aus allen Wolken, wenn der Chef auf raschen Abbau noch vor Jahresende drängt. Umgekehrt bremsen auch Vorgesetzte gelegentlich die Urlaubspläne ihrer Beschäftigten aus - weil gerade ein wichtiger Auftrag hereingekommen ist, weil zur selben Zeit schon ein anderer Kollege aus der gleichen Abteilung verreist ist oder weil der Mitarbeiter bei einem wichtigen Kundengespräch dabei sein soll, ausgerechnet dann aber der Familienurlaub ansteht.
Zu sehr auf die lange Bank schieben sollten aber beide Seiten das Thema nicht. Denn das Bundesurlaubsgesetz gibt vor, dass möglichst alle Urlaubstage im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden - es sei denn, dringende betriebliche Gründe oder persönliche Umstände des Arbeitnehmers wie eine Erkrankung sprechen dagegen, dann ist ihre Mitnahme ins nächste Jahr möglich.
Wirklich vor Gericht landet der Urlaubszwist allerdings selten, sagt Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Oft hätten Chefs und Mitarbeiter wohl Hemmungen, sich deshalb so richtig miteinander anzulegen, weil sich dadurch das Vertrauensverhältnis nicht gerade verbessert. Wenn die Arbeitsrichter bemüht werden, geht es oft um mehr - vor allem natürlich um Kündigungen, heißt es auch bei Personalern.
Tendenziell schöben die Beschäftigten in konjunkturell guten Zeiten wie momentan deutlich mehr Resturlaub vor sich her, als wenn die Geschäfte schleppender laufen, sagt Eckert. Eine frühzeitige Planung kann derweil helfen, Konflikte zu vermeiden. In vielen Unternehmen wälzen die Mitarbeiter deshalb schon jetzt ihre Kalender, um die freien Tage im kommenden Jahr gut zu nutzen.
Auch beim Elektrokonzern Siemens beispielsweise läuft die Urlaubsplanung für das kommende Jahr schon auf Hochtouren. Die Mitarbeiter würden dabei angehalten, ihren Urlaub möglichst komplett im laufenden Jahr zu nehmen - schließlich sei es auch im Interesse des Unternehmens, dass sich die Beschäftigten erholen, sagt ein Siemens-Sprecher. Potenzielle Rückstellungen sind dabei aber auch ein Thema: Denn wenn ein nennenswerter Anteil der alleine rund 114 000 Siemens-Beschäftigten in Deutschland seinen Urlaub im laufenden Jahr nicht nimmt, können schnell Millionenbeträge dafür fällig werden.
Von einer frühen Festlegung auf Urlaub können aber auch die Arbeitnehmer finanziell profitieren, denn viele Reiseveranstalter bieten Frühbucherrabatte für Schnellentschlossene. Doch es gilt: Vorsicht vor eigenmächtigen Entscheidungen - der Urlaub muss mit Kollegen abgesprochen und vom Vorgesetzten abgesegnet werden, schon damit es nachträglich keine bösen Überraschungen gibt und Pläne nicht noch einmal umgeworfen werden müssen.
Bei kollidierenden Urlaubswünschen mehrerer Mitarbeiter beispielsweise hat der Arbeitgeber nämlich soziale Belange zu berücksichtigen - dazu gehören Schulferien von Kindern und die Urlaubsmöglichkeiten der jeweiligen Partner. Auch wer schon mehrfach für Kollegen zu besonders beliebten Urlaubszeiten zurückgesteckt hat, sollte irgendwann seinen Wünschen entsprechend zum Zuge kommen. In solchen Fällen, oder auch wenn der Chef sich mit der Genehmigung von Urlaub lange Zeit lässt, kommt es übrigens häufig zu Knatsch, wissen Personalexperten - auch wenn der nicht gleich beim Anwalt oder vor Gericht landet. Für das Betriebsklima sei eine gute Urlaubsplanung also durchaus ein wichtiges Thema.