Theorie statt Praxis? So funktioniert die schulische Ausbildung
Berlin (dpa/tmn) - Nicht jeder Azubi hat einen Ausbildungsbetrieb, in dem er täglich Praxisluft schnuppert. Manche drücken nach Abitur oder Mittlerer Reife auch weiter die Schulbank, um einen Beruf zu erlernen - allerdings nicht mehr an Gymnasium oder Realschule, sondern an einer Berufsfachschule.
Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um die schulische Ausbildung im Überblick:
Für welche Berufe gibt es die schulische Ausbildung?
„Das sind oft Berufe, für die es keine duale Ausbildung gibt“, sagt Paul Ebsen von der Bundesagentur für Arbeit. Eine wichtige Rolle spielen Berufsfachschulen vor allem für Gesundheitsberufe und im sozialen Bereich, für angehende Erzieher und Altenpfleger genau wie für Ergo- oder Physiotherapeuten. Wer Dolmetscher oder Fremdsprachenkorrespondent werden will, geht in aller Regel auch zur Berufsfachschule, genau wie angehende technische Assistenten sowie verschiedene Musiker und Künstler.
Sind alle Berufsfachschulen gleich?
Nein, aus drei Gründen. Erstens gibt es je nach Job und Branche erhebliche Unterschiede, was die genaue Ausgestaltung der Ausbildung angeht. Zweitens ist Bildung Ländersache, in jedem Bundesland gelten deshalb etwas andere Regeln für Berufsfachschulen. Es gibt aber einheitliche Rahmenlehrpläne beziehungsweise Ausbildungsordnungen. Und drittens existieren nicht nur öffentliche Berufsfachschulen, sondern auch welche in privater Trägerschaft. In manchen Berufen sind die sogar klar in der Überzahl.
Was muss ich mitbringen?
Grundvoraussetzung für die Zulassung ist an den meisten Berufsfachschulen ein mittlerer Schulabschluss. Hinzu kommen laut dem Portal „ Azubi.de“, das von der zur Funke-Mediengruppe gehörenden Jobbörse Absolventa betrieben wird, je nach Schule und Job noch andere Voraussetzungen: Gesundheitszeugnisse etwa, vor allem für Jobs in der Pflege. Für manche Ausbildungen müssen Schüler mindestens 16 Jahre alt oder sogar volljährig sein. Und einzelne Ausbildungen haben auch Eignungstests.
Wie funktionieren Bewerbung und Zulassung?
„Vom Prinzip her läuft das so wie bei der Studienplatzvergabe“, erklärt Gerd Roser, Referatsleiter Berufliche Bildung bei der Kultusministerkonferenz (KMK). Gibt es mehr Bewerber als Plätze, starten die Schulen ein Vergabeverfahren. Die Details sind dabei immer anders - die schulische Leistung spielt aber fast überall die Hauptrolle, dazu kommen vielleicht Faktoren wie die Wartezeit. Und ähnlich wie Hochschulen haben die meisten Berufsfachschulen auch Härtefallregelungen.
Wie finde ich eine Berufsfachschule?
Wichtig ist vor allem, rechtzeitig anzufangen: Laut Bundesagentur für Arbeit beginnen die Bewerbungsverfahren in aller Regel etwa ein Jahr vor dem Start der Ausbildung. Wie viel Zeit die angehenden Berufsfachschüler einplanen müssen, hängt ansonsten vor allem vom Angebot vor Ort ab: „Die Suche nach einer Schule ist vergleichbar mit der nach einem Ausbildungsbetrieb, allerdings sind die Auswahlmöglichkeiten natürlich oft nicht ganz so groß“, so Roser.
Wie läuft die Ausbildung ab?
Unterricht und Theorie stehen an Berufsfachschulen klar im Vordergrund, sagt Roser - in der Regel in Vollzeit und mit festen Klassenverbänden. Was nicht bedeutet, dass es gar keinen Bezug zur Praxis gibt. Wie viele Praktika oder Praxisphasen es gibt, ist aber je nach Schule und Ausbildung ganz unterschiedlich - bis hin zu Extremfällen: „Die Pflegeausbildung zum Beispiel verläuft in der Struktur fast wie eine duale Ausbildung, mit hohem Praxisanteil, nur eben in Gesamtverantwortung der Schule.“
Wie lange dauert die Ausbildung?
Üblich sind ein bis dreieinhalb Jahre - wie immer abhängig von Job, Bundesland und Schule. Laut Absolventa ist es aber möglich, die schulische Ausbildung individuell zu verkürzen: Wer zum Beispiel das Abitur mitbringt, muss an manchen Berufsfachschulen nicht ganz so lang die Schulbank drücken wie ein Realschulabsolvent.
Was kostet eine schulische Ausbildung?
Eine Vergütung bekommen Berufsfachschüler nicht, anders als in der dualen Ausbildung. Stattdessen müssen sie manchmal sogar Schulgeld zahlen - an privaten beziehungsweise freien Berufsfachschulen ist das häufig der Fall. Es kann aber gut sein, dass sich das in Zukunft ändert, sagt Roser, zumindest teilweise: „Bei den Pflegeberufen und den Erziehern gibt es gerade eine politische Diskussion über die Abschaffung des Schulgeldes.“
Welchen Status haben Schüler einer Berufsfachschule?
Wer eine schulische Ausbildung macht, ist Auszubildender. Er oder sie hat also Anrecht auf entsprechende Rabatte oder Vergünstigungen, für Nahverkehrstickets oder Bankkonten zum Beispiel. Und wer während der Ausbildung nicht mehr zu Hause wohnt, kann auch Bafög beantragen - angesichts der fehlenden Vergütung ein nicht unwesentlicher Vorteil.