Studenten der größten deutschen Uni sind über die Welt verteilt
Hagen (dpa) - Die 88 000 Studenten sitzen in allen Winkeln Deutschlands und 100 anderen Ländern. Zum Campus nach Hagen müssen sie nicht kommen. Fast alles geht per Post und über das Internet - typisch Fernuniversität.
Eines haben Ex-Außenminister Guido Westerwelle, die frühere Skirennläuferin Katja Seizinger und Fußball-Manager Oliver Bierhoff gemeinsam: Sie haben alle an der Fernuniversität in Hagen in Nordrhein-Westfalen studiert oder promoviert. Der Kreis der Studenten, die meist fernab vom Campus lernen, ist groß. 88 000 Studierende zählt die Fernuni, wie sie kurz genannt wird - so viele wie keine andere deutsche Hochschule.
Schafft ein Überflieger mit 15 oder 16 Jahren sein Abitur und geht an die Uni, ist das oft eine Schlagzeile wert. An der einzigen öffentlich-rechtlichen Fernuniversität geht es auch jünger. Gleich drei Zwölfjährige gehen dort ihren Studien nach. Es gibt sogar Schulen in Krefeld oder im sauerländischen Kierspe, in denen sich Lehrer speziell um diese Schüler-Studenten kümmern.
Neben den regulären Studiengängen wie Jura, Betriebswirtschaft oder Psychologie können Interessenten sich auch im Akademiestudium anmelden. Da kann Jung oder Alt - der Älteste ist 93 - querbeet Kurse belegen. Die kann man sich auch für einen späteren Studiengang anrechnen lassen. „Wir hatten schon Schüler, die vor dem Abitur ihren Abschluss geschafft haben. Das Hochschulzeugnis haben wir ihnen dann nach dem Abitur ausgehändigt“, sagt Uni-Sprecherin Susanne Bossemeyer.
Der durchschnittliche Student ist aber zwischen 25 und 35 Jahren alt und studiert neben seinem Beruf in einem ordentlichen Studiengang. Und das tut er oder sie von zu Hause aus. Die Voraussetzungen für einen Studiengang sind simpel: Entweder Abitur, Berufsausbildung samt drei Jahren Berufserfahrung oder im Fall Jugendlicher eine Begabtenprüfung. Einen Numerus Clausus (NC) gibt es nicht. Weil das Studieren neben der Arbeit absolviert wird, dauert es länger als an einer Präsenz-Hochschule. „Der Schnitt liegt bei dem eineinhalbfachen Wert“, sagt Bossemeyer.
Wer es darauf anlegt, braucht sich kaum sehen zu lassen. Die Anmeldung geht online, wie fast das ganze Studium. Nur in wenigen Seminaren in den Regionalzentren besteht Anwesenheitspflicht. Seminare oder Vorlesungen werden zusätzlich im Netz live oder als Konserve angeboten. Live geht es sogar interaktiv.
Und dann sind da noch die Prüfungen. Da muss sich der Student schon auf den Weg in die nächstgelegene Dependance machen. Die Regel lautet: 75 Prozent der Studenten müssen ein großes Regional- oder ein kleineres Studienzentrum in höchstens 75 Kilometer Entfernung erreichen können.
Wer im fernen Ausland studiert, kann schriftliche Prüfungen in der Botschaft oder dem Goethe-Institut ablegen. Mündliche Prüfungen gehen notfalls auch mal per Videokonferenz. Dann ist eine Aufsicht dabei. Immerhin studieren 6700 der 88 000 Studenten im Ausland, davon 750 außerhalb Europas. In wenigen Fällen unterhält die Fernuni Studienzentren im Ausland, das entfernteste ist in St. Petersburg.
Gleich kiloweise versendet die Uni Päckchen mit Kursunterlagen. Die meisten Studenten wollen nämlich ihre Studieneinheiten auch auf Papier. Aber es geht auch per App auf dem Tablet-PC oder Smartphone. Bücher aus der Präsenzbibliothek in Hagen kann man sich zusätzlich noch zuschicken lassen. Und wenn man mit dem Auto anreist, gibt es kaum Parkprobleme: Die Veranstaltungen sind meist abends und an Wochenenden.
Kostspielig ist das Fernstudium nicht. 12,50 Euro kostet pauschal eine Semesterwochenstunde, inklusive Kursmaterial. Dazu kommen 50 Euro pro Semester Grundgebühr und 11 Euro für die Studentenvertretung. So kommen für Teilzeitstudierende durchschnittlich 160 Euro je Semester zusammen, für Vollzeitstudenten 286 Euro.