Trödelt mal ein bisschen rum!
Weniger Arbeit, mehr Freizeit. Der britische Autor und Faulpelz Tom Hodgkinson singt ein Loblied auf den Müßiggang.
London. Er ist das Feindbild aller Arbeitsbienen, Über-Involvierten und Streber: Für Tom Hodgkinson, Herausgeber der Zeitschrift „Der Müßiggänger“ hat das Leben einen Hauch von Urlaub. Kein Wunder, dass es Wochen braucht, um den Profi-Faulpelz zum Gespräch zu bewegen.
Herr Hodgkinson, der Sommer als Zeit der Muße verschwindet. Vor und nach dem Urlaub ist die Arbeitslast doppelt so hoch. Und erst der Stress einer langen Reise . . .
Tom Hodgkinson: . . . Moment, ich muss mir erst mal eine Tasse Tee holen (verschwindet, kommt wieder, schlürft laut) . . . Das Problem ist, dass die meisten Leute das ganze Jahr extrem viel arbeiten und dann zwei Wochen am Strand sitzen und gar nichts tun. Wie bizarr! Sie wären entspannter, wenn sie es andersherum halten würden. In die Arbeit muss immer auch Muße eingebracht werden, Kollegen sollten Freunde sein. Wer Job und Freizeit als Gegensätze begreift, wird sich immer gestresst fühlen.
Hodgkinson: Stimmt, Dreh- und Angelpunkt ist die Frage nach der eigenen Freiheit und wer sie kontrolliert. Lohnsklaven, die gern zwölf Stunden am Tag schuften, will ich nicht bekehren. Doch die meisten würden, wären sie vermögend, nicht freiwillig in ihren Job zurückkehren. Sie arbeiten also nicht für ihr persönliches Glück oder ein höheres Ziel, sondern weil sie meinen, in einer Falle zu stecken. Wenn sie aber aus dem Hamsterrad aussteigen und — wie im Urlaub — wieder Herr ihrer Zeit wären, dann gäbe es gar nicht diese große Sehnsucht nach Ferien. Ihr Leben wäre wie ein einziger, langer Urlaub!
Wie funktioniert das mit dem Schlaraffenleben?
Hodgkinson: Man muss sein Leben wie ein Unternehmen führen, alle Ausgaben minimieren. Hypotheken, teure Autos, Klamotten, Leben in einer teuren Metropole — all das muss nicht sein. Die beste Alternative zum fremdbestimmten Alltag ist es dann, sich selbstständig zu machen. Das ist sicher auch kein einfaches Leben, aber ich sage auch nicht, dass Muße einfach ist. Nur wenn Sie selbst entscheiden, was sie tun, wird es Ihnen mehr Freude bereiten. Und wenn es gerade nichts zu tun gibt, müssen Sie auch nicht im Büro rumhängen. Stattdessen kann ein Selbstständiger sich einfach ins Gras legen und Ukulele spielen.
Ob Ihr Vorschlag im fleißigen Deutschland ankommt?
Hodgkinson: Deutschland ist ein so reiches Land, das es locker die 30-Stunden-Woche für alle einführen könnte. Bei drei Millionen Arbeitslosen wäre das eine ordentliche Sozialpolitik. Stattdessen werden aus deutschen Löhnen griechische Schulden finanziert — und die Griechen sollen im Gegenzug so hart arbeiten wie die Deutschen. Bei allem Respekt, aber das ist echt wahnsinnig!
Manche Eltern finden es stressig, in den Ferien zusätzlich noch ihre Kinder bespaßen zu müssen.
Hodgkinson: Kein Wunder. Kleinfamilie bedeutet harte Arbeit. Alles muss man selbst machen: Kochen, putzen, Geldverdienen, Kinder bei Laune halten. Ich empfehle, ein Ferienhaus mit anderen Eltern zu mieten und die Aufgaben zu verteilen.
Ihr Tipp für all die, die nach den Ferien wieder im Büro sitzen?
Hodgkinson: Plant Eure Fluchtroute in die Selbstständigkeit mit Kopierer, Telefon und Rechner, die ihr ja derzeit im Büro noch kostenlos nutzen könnt. Fangt an zu sparen, verkauft das Auto, fahrt Rad. Spürt dabei den Wind in den Haaren und genießt es, dass ihr einfach vor einem Café halten könnt. Gebt Euer Facebook- und Email-Konto auf. Trödelt mal ein bisschen rum!