Experte: Jugend-Stimmung zwischen Engagement und Optimismus
München (dpa) - „Die Jugend von heute...“ hat es viel schwerer als ihre Eltern. So sieht es der Forscher Wolfgang Gaiser. Zukunftsängste können schon in jungen Jahren großen Stress verursachen.
Die Jugend von heute hat es nach Ansicht eines Forschers deutlich schwerer als die Generation ihrer Eltern. „Im Vergleich zu den vorangegangenen Generationen ist die jetzige Jugendgeneration enorm belastet“, sagt der langjährige Grundsatzreferent für Jugendforschung des Deutschen Jugendinstituts (DJI) in München, Wolfgang Gaiser. „Die Jugendphase ist sehr viel stressiger - wissenschaftlich nennen wir das Verdichtung und Formierung der Jugendphase. Die jungen Menschen müssen in viel kürzerer Zeit viel mehr lernen.“
Als Grund sieht Gaiser vor allem den veränderten Arbeitsmarkt, der am Ende der Jugendphase, nach Schule, Ausbildung oder Studium mit globaler Konkurrenz aufwartet. „Ohne Abschluss bist du nichts, mit zwölf Abschlüssen bist du aber auch nichts. Du brauchst schon 27“, sagt Gaiser und spricht von einer „Akkumulation von Zertifikaten und Bestätigungen“ und „Abschluss-Stress“.
Die Leistungsorientierung unter Jugendlichen habe seit den 1990er Jahren stark zu genommen, berichtet Gaiser. Ein Auflehnen gegen Autoritäten - seien es nun die Eltern oder ungeliebte Vorgesetzte - komme kaum noch vor.
Einen Grund dafür sieht Gaiser auch in fehlender Sicherheit. Sehr viel später als früher träten junge Leute in das ein, was Gaiser eine „stabile Erwachsenenbiografie“ nennt - mit festem, vielleicht sogar unbefristetem Job und der Möglichkeit, sich ohne Unterstützung finanziell über Wasser zu halten.
„Viele Jugendliche, die auf ein Gymnasium gehen und da gute Noten haben, gehen davon aus, ihnen stünden alle Türen offen. Ihr Horizont geht erstmal bis zum Abi. Das, was hinterher an Unerfreulichem entstehen könnte, das haben sie noch nicht so auf dem Zettel.“ Mit dem „Unerfreulichen“ meint Gaiser unbezahlte Praktika oder befristete, schlecht bezahlte Jobs für Berufseinsteiger. Er spricht wie andere von der „Generation Prekariat“, betont aber auch: „Die Grundstimmung schwankt zwischen Skepsis, Engagement und Optimismus.“