Gehirnforscher: Bildschirm-Spiele für Kinderhirne schädlich
Nürnberg (dpa) - Spiele für Kinder, die mit Smartphones oder Tablet-PCs verknüpft sind, erfahren auf der diesjährigen Spielwarenmesse in Nürnberg besondere Aufmerksamkeit. Doch für Kleinkinder ist der Umgang mit der Multimedia-Elektronik nicht ohne Risiken.
Der Gehirnforscher Manfred Spitzer, Leiter der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, hält Kinderspiele mit Smartphones und Tablets für schädlich. „Elektronische Medien sind für die Entwicklung des kindlichen Geistes nicht nur nicht förderlich, sondern hinderlich“, sagt der streitbare Wissenschaftler.
Herr Spitzer, Sie lehnen Spiele für Kinder auf Smartphones und Tablet-PCs rigoros ab. Warum?
Spitzer: „Man kann auf diesen Dingern zwar wischen und tippen, aber das ist eben auch alles. Gerade kleine Kinder brauchen die gesamte reale Welt, um ihre Erfahrungen zu machen, und keinen billigen Abklatsch davon. Sie brauchen - das ist nachgewiesen - den multimodalen Input, die müssen riechen, schmecken, tasten, hören, fühlen.“
Dabei sollen die Kinder mit den neuen Spielformen doch vor allem eines: spielerisch lernen.
Spitzer: „Das mag lustig sein, aber der Spaß ist nicht dazu geeignet, dass die Kinder ihren Verstand trainieren. Im Gegenteil: In ganz jungen Jahren wird Lernen durch Bildschirme verhindert. Und später fällt das Nachdenken über das, was man nur durch reines Zeigen gelernt hat, viel schwerer, als wenn man die Dinge tatsächlich in der Hand gehabt hat. Und es geht auch um soziale Fähigkeiten: Wie sollen Kinder Sozialverhalten lernen, wenn sie vor allem online unterwegs sind und ihr Gegenüber gar nicht real da ist? Gestik und Mimik fehlen da völlig.“
Sie stellen deshalb die provokante Forderung auf, Kinder erst mit 16, 17 Jahren an Computer & Co. heranzuführen. Verpassen die dann nicht den Anschluss an unsere moderne Gesellschaft?
Spitzer: „Die Pisa-Daten zeigen, dass ein 15-Jähriger mit Computer im Kinderzimmer in der Schule schlechter ist als einer ohne. Es ist auch nachgewiesen, dass weniger hängenbleibt, wenn sie zum Lernen googeln, weil sich das Gehirn das nicht merkt. Wenn wir wollen, dass 20-Jährige gut googeln können, dann brauchen die Vorwissen. Nur dann können sie die Spreu vom Weizen trennen, wenn ihnen Google 100 000 Hits liefert.“