Grammatik und Gazpacho: Sprachreisen für Senioren
München (dpa/tmn) - Vokabeln lernen, an der Aussprache feilen: Viele haben nach der Schulzeit damit abgeschlossen. Für Senioren ist ein Sprachkurs aber eine gute Gelegenheit, ein fremdes Land kennenzulernen.
Und Veranstalter sorgen dafür, dass Ältere unter sich bleiben.
¿Cuánto vale este? — Was kostet das? No queda pan. — Es ist kein Brot mehr da. Es sind Sätze wie diese, die Anfänger in den ersten Stunden eines jeden Spanischkurses lernen. Während die Lerninhalte nahezu identisch bleiben, verändern sich die Sprachschüler, die diese eifrig nachzusprechen versuchen: Statt junger Studenten sind es immer häufiger Senioren, die Vokabeln pauken.
Noch sind die sogenannten 50plus-Kurse ein Nischenprodukt innerhalb des Bildungstourismus. Doch die Zahl der Senioren, die im Alter noch die Welt bereisen und dabei die Landessprache lernen möchten, wächst stetig. Am liebsten lernen sie Englisch in Großbritannien, ergab eine Umfrage des Fachverbandes Deutscher Sprachreise-Veranstalter (FDSV). Aber auch Spanisch, Französisch und Italienisch stehen hoch im Kurs.
„Das Bild des zu Hause sitzenden Senioren ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt Thomas Terbeck vom Bildungsberatungsdienst Weltweiser in Bonn. Immer mehr wissensdurstige Best Ager informieren sich bei ihm über Bildungsreisen ins Ausland. „Vor allem bei Alleinstehenden ist diese neue Form des Urlaubs beliebt“, sagt Julia Richter, Geschäftsführerin des FDSV. „Zwar reisen sie allein, sind aber trotzdem unter Gleichgesinnten.“
Viele Reiseveranstalter passen daher ihre Programme den Bedürfnissen älterer Menschen an. Statt Businessvokabular wird urlaubstauglicher Wortschatz vermittelt. Statt fünf oder sechs Unterrichtsstunden finden vormittags drei bis vier Lerneinheiten in einem leicht gedrosselten Lerntempo statt. Die Anzahl der Kursteilnehmer ist überschaubar.
Der größte Unterschied zu den sonst üblichen Sprachreisen liegt in der Freizeitgestaltung: Statt des in Irland üblichen Pub-Besuchs oder dem Eintauchen in das Nachtleben Madrids stehen Museumsbesuche, Käseproben sowie gemeinsame Dinner auf dem Programm. „Unser Sprachkurs in Sevilla steht regelmäßig unter einem anderen Motto, etwa Wein- oder Tango-Kurs“, erklärt Claudia Herrmann von GLS Sprachreisen in Berlin.
Am beliebtesten sei jedoch die Kombination aus Sprachkurs und andalusischer Küche: „In den Unterrichtsstunden am Vormittag werden die relevanten Vokabeln gelernt und Einkaufsgespräche geprobt.“ Am Nachmittag können Senioren ihren neu erworbenen Wortschatz beim gemeinsamen Marktbesuch und anschließendem Gazpacho-Kochen ausprobieren.
Vorab einen Sprachkurs an einer Volkshochschule zu absolvieren, sei zwar förderlich, aber keinesfalls eine Bedingung, sagt Julia Richter: „Sprachen lassen sich bis ins hohe Alter neu lernen.“ Bereits in der zweiten Unterrichtswoche machten die Teilnehmer deutliche Fortschritte.
Buchen Senioren einen Sprachkurs 50plus, können sie jedoch nicht immer damit rechnen, ausschließlich mit Älteren zusammen zu lernen: Eine Garantie dafür gebe es nicht, sagt Andreas van Leeuwen von Direkt Sprachreisen in Heidelberg. Haben beispielsweise zu wenig Senioren gebucht oder gibt es keine weiteren Teilnehmer auf dem gleichen Sprachniveau, werden sie in der Regel einem anderen Kurs mit möglicherweise jüngeren Teilnehmern zugewiesen. Beim Freizeitprogramm bliebe man jedoch unter sich.
Gerade die Mischung aus Jung und Alt könne aber eine große Bereicherung sein, sagt Julia Richter. Außerdem seien Senioren keineswegs dazu verpflichtet, 50plus-Kurse zu buchen. „Grundsätzlich kann jeder an normalen Erwachsenenkursen teilnehmen — eine Altersbegrenzung nach oben gibt es nicht.“ Die Sprachkurse für Senioren wurden für diejenigen ins Leben gerufen, die sich eventuell überfordert fühlen, mit jüngeren Teilnehmern mitzuhalten, und lieber mit Gleichgesinnten in einer Gruppe lernen. Wer sichergehen möchte, ausschließlich mit Gleichaltrigen im Kurs zu sitzen, sollte dies vorab mit dem Reiseveranstalter klären.
Um derartige Fragen vor der Reise ansprechen zu können, empfiehlt Richter, bei einem deutschen Reiseveranstalter zu buchen. „Dieser steht bei eventuellen Konfliktfällen zur Seite.“ Außerdem genieße man so den Schutz des deutschen Reiserechts und ist gegen mögliche Insolvenzen von Vertragspartnern geschützt.
Ein letzter wichtiger Punkt, den Senioren bei der Auswahl eines Sprachkurses beachten sollten, ist das Klima: „Insbesondere für ältere Menschen ist es sicher nicht förderlich, bei 40 Grad im Schatten Vokabeln zu büffeln“, sagt Thomas Terbeck. Schon allein deshalb lohne es sich, die Hauptsaison im Sommer zu umschiffen.