„Grüne“ Spielzeuge - Trend oder Etikettenschwindel?
Nürnberg (dpa) - „Bio“ und „Öko“ sind tolle Schlagworte, um umweltbewusste Verbraucher zum Geldausgeben zu bewegen. Die Nürnberger Spielwarenmesse hat die Branchenschau unter das Motto „toys go green“ gestellt.
Doch ist Nachhaltigkeit wirklich ein Trend in der Branche?
Bei Lebensmitteln ist „Bio“ inzwischen etabliert - auch wenn die meisten Verbraucher höchstens in Zeiten von Dioxin-Eiern den Weg in die Bioläden finden. Eine noch geringere Rolle spielt Nachhaltigkeit bei Spielwaren. Zwar gibt es vereinzelt Hersteller, die ihre Produkte möglichst umweltbewusst produzieren und damit am Markt bestehen können. Doch sind sie in einer absoluten Minderheit. Derzeit besteht noch nicht einmal ein anerkanntes Einheits-Siegel für ökologische Spielsachen.
Dennoch hat die Spielwarenmesse (3. bis 8. Februar) in Nürnberg das Motto „toys go green“ („Spielsachen werden ökologisch“) für die weltgrößte Branchenschau ausgerufen. Positive Beispiele werden gleich hinter der Eingangskontrolle unübersehbar ins Rampenlicht gerückt. Doch Messechef Ernst Kick weiß auch: „Wir sind erst am Anfang. Wir wollen Bewusstsein schaffen und Aspekte der Nachhaltigkeit aufzeigen.“
Um das Thema zu unterfüttern, hat die Spielwarenmesse extra eine Studie in Auftrag gegeben. Demnach ist Nachhaltigkeit für die Verbraucher deutlich wichtiger als die Marke oder gar der Preis eines Produkts. Zwei Drittel sind darüber hinaus nach eigenen Angaben bereit, einen Preisaufschlag von mindestens zehn Prozent für nachhaltiges Spielzeug zu bezahlen.
Doch selbst Studienautorin Nicole Koschate - Marketingprofessorin an der Universität Erlangen-Nürnberg - muss das grundlegende Manko dieser Zahlen einräumen: „Konsumenten und Händler haben noch kein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit.“ Mit anderen Worten: Jeder versteht etwas anderes unter diesem Begriff. Während dem einen dazu ökologische Herstellung, nachwachsende Rohstoffe und eine umweltschonende Verpackung einfallen, denkt der andere an faire Arbeitsbedingungen oder den pädagogischen Wert des Spielzeugs.
Fachmann Hans-Jürgen Resas kritisiert denn auch: „Da wird im Moment ein ganz großes Thema gekocht, aber keiner weiß so genau, worum es geht.“ Die Spielwarenbranche hinke der Lebensmittelbranche um Jahre hinterher. „Weniger als ein Prozent der Hersteller weltweit hat in irgendeiner Form irgendetwas mit Nachhaltigkeit zu tun.“ Optimistische Schätzungen gingen davon aus, dass umweltbewusste Spielsachen in fünf Jahren einen Marktanteil von fünf Prozent erreichen könnten. Resas selbst rechnet eher mit zwei Prozent.
Denn ein stärkeres Wachstum werde durch mehrere Faktoren behindert. Zum einen werbe der Handel kaum mit den positiven Aspekten eines umweltgerechten Produkts. Dadurch könnten interessierte Verbraucher entsprechende Spielwaren in den Läden gar nicht finden. Zum anderen sind sich gerade auch viele Hersteller von Öko-Spielsachen einig, dass die Käufer nicht wirklich bereit sind, mehr Geld dafür auszugeben.
Hinzu kommt das sogenannte „Green Washing“. „Wenn eine Barbie-Puppe ein Hemdchen aus organisch angebauter Baumwolle trägt, wird das hervorgehoben“, berichtet Resas. Die meisten Verbraucher gäben sich mit dem grünen Anstrich zufrieden - doch die Puppe selbst besteht weiterhin aus Plastik.
Marketingfachmann Resas hat noch ein weiteres, entscheidendes Hindernis ausfindig gemacht. Spielzeugkäufer interessierten sich in erster Linie für die Spielfreude, Qualität und Sicherheit eines Produkts, vielleicht noch für den Lerneffekt. „Das sind alles emotionale Aspekte. Der rationale Aspekt der Nachhaltigkeit stört wahnsinnig beim Kaufimpuls.“
Dennoch gibt es Hersteller, die so umweltgerecht und fair wie möglich zu produzieren versuchen. Manche quält es regelrecht, dass sie etwa mangels Alternative ihre Schrauben aus China importieren müssen - mit ungewisser Ökobilanz. Dass die Mehrheit der Branche so konsequent aber bei weitem noch nicht denkt, zeigt die Verleihung des ersten „Green Toys Award“ der Spielwarenmesse: Den Sonderpreis erhielt Playmobil für eine Raumbasis aus 100 Prozent Plastik. Entscheidend für die Wahl war hier die Spielidee: Die Kinder müssen mit Solar & Co. selbst ein Ökosystem mit Sauerstoff, Nahrung und Energieversorgung aufbauen.