„Jugger“: Nahkampf um einen Hundeschädel

Berlin (dpa/tmn) - Traditionell geht es bei der Sportart Jugger ums Überleben. Angekommen an vielen deutschen Unis, stehen bei dem Mannschaftskampf mit großen Stäben aber Spaß und Schnelligkeit im Vordergrund.

Großer Pluspunkt: Für Anfänger ist Jugger leicht zu lernen.

Der eine schwingt eine Kette mit einer Kugel, andere fuchteln mit Stangen herum, die wie Riesen-Ohrenstäbchen aussehen. Plötzlich rennen zwei Teams aufeinander zu, dazwischen liegt eine Art Ball in Form eines Hundeschädels. Was seltsam, vielleicht auch etwas verrückt klingt, heißt Jugger - eine Sportart irgendwo zwischen Football und Gladiatorenkämpfen.

Auf einem 40 mal 20 Meter großen Spielfeld versuchen zwei Teams mit je fünf Spielern, den Hundeschädel-Ball in das kreisrunde Mal des Gegners zu befördern. Jede Mannschaft hat einen Läufer, nur er darf den Ball in die Hand nehmen. Die anderen vier Spieler sind Pompfer, sie beschützen den eigenen Läufer oder blockieren den des Gegners. Das tun sie wiederum mit Pompfen, Waffen verschiedener Art. Dazu gehören eine Kette von 3,20 Metern Länge, Schilder und Stangen mit dicklichen Enden. Wenn ein Pompfer einen Gegner trifft, muss dieser ein paar Sekunden aussetzen.

„Es ist eine Mischung aus Team- und Einzelsport“, sagt Ruben Philipp Wickenhäuser. Er ist Spieler, kommt aus Berlin und betreut das Regelwerk von Jugger. Es komme auf Teamplay wie beim Football an, aber auch auf Zweikämpfe wie beim Fechten. „Es ist ein schnelles Spiel mit kurzen Spielzügen.“ Jugger mache Spaß und sei nicht so ernst wie andere Sportarten. „Es geht nicht ums Gewinnen um jeden Preis, dann würde Jugger nicht funktionieren.“

Das sieht der 19-jährige Daniel Ebbert ähnlich. „Man hat ein höheres Teamgefühl als bei anderen Sportarten.“ Er spielt seit vier Jahren bei den Schergen von Monasteria in Münster. „Wir haben viele dabei, die vorher keinen Sport gemacht haben. Bei anderen Sportarten wird vor allem auf Leistung geachtet, das wollen viele nicht.“ An seine erste Begegnung mit Jugger kann er sich noch gut erinnern. „Ich habe mich gefragt, was die da bloß machen.“ Denn von außen sei es schwer, die Regeln und Struktur des Spiels zu erkennen. Doch wenn man es einfach mal versucht, ist es seiner Meinung nach gar nicht so schwer. „Neue können nach einer halben Stunde mitspielen.“

„Jugger ist nichts Alltägliches“, schwärmt Kaja Saggau aus Hamburg. Sie ist 24 Jahre alt und spielt seit 2003. Auch sie findet, dass Anfänger schnell mitmachen können, wenn sie sportlich sind. Typische Anfängerprobleme gebe es aber trotzdem. „Neulinge verheddern sich zum Beispiel gerne mal in der Kette“, sagt sie.

Bleibt die Frage, wer sich so ein Spiel ausdenkt. Der Ursprung ist ein Film namens „Die Jugger - Kampf der Besten“, ein amerikanisch-australischer Endzeitfilm des Regisseurs David Webb Peoples aus dem Jahr 1989. In einer zerstörten Welt spielen Kämpfer, die Jugger, ums Überleben. Während sich der Erfolg des Films in Grenzen hielt, wurde Jugger ein paar Jahre später in Berlin und Hamburg nachgespielt - tausende Kilometer entfernt vom Drehort in der Wüste Australiens. 1995 stieg dann das erste Jugger-Turnier, 1998 folgte die erste deutsche Meisterschaft. 2009 waren schon 36 Teams bei den Titelkämpfen am Start. Mittlerweile gibt es Mannschaften in Irland, Spanien, Australien und Costa Rica.

„Anders als im Film spielen wir aber ohne Stahlschläger und Eisenketten“, sagt Ruben Philipp Wickenhäuser. Insofern ist die Verletzungsgefahr nicht größer als bei anderen Sportarten. „Aus der Entfernung sieht das gefährlicher aus als es ist“, glaubt auch Kaja Saggau. „Es geht nicht darum, andere auszuknocken.“ Außerdem sind die Pompfen gepolstert, bei einem Treffer muss sich der Spieler sofort hinknien. Und Daniel Ebbert ergänzt: „Wenn ich die Wahl hätte, ob ich einen Schlag von einer Pompfe abbekommen möchte oder eine Grätsche beim Fußball, würde ich ganz klar die Pompfe nehmen.“