„Kind+Jugend“: Bauwagen-Betten, Öko-Kinderwagen und Knallbuntes

Köln (dpa) - Fantasievolle Möbel, viel Spielzeug, eine Muttermilch-Messmaschine und ein ökologisch wertvoller Kinderwagen: Bei der „Kind+Jugend“ zeigt eine Rekordzahl von Unternehmen, was sie Neues zu bieten haben.

Nicht alles davon braucht der kleine Mensch wirklich.

Ein komplett wiederverwertbarer Kinderwagen, ein Jugendbett im Bauwagen oder das erste elektrische Muttermilch-Messgerät: Die weltgrößte Messe für Kinderausstattung „Kind+Jugend“ in Köln (19. bis 22. September) wartet mit vielen Neuheiten bei Spielzeug, Möbeln, Autositzen und Mode auf. Für kleine Prinzessinnen wird ein Bettchen aus 15 aufgetürmten Matratzen und einer Plüsch-Erbse angeboten - natürlich in der Grundfarbe Rosa. Nach Vorstellung eines niederländischen Herstellers kann der Nachwuchs demnächst aber auch in einem Bauwagen mit Fenster und Tür schlafen. Sofern dieser ins Kinderzimmer passt.

Ein israelisches Unternehmen präsentiert ein kleines Elektrogerät, das stillenden Müttern Gewissheit geben soll: „Es ist das erste Produkt weltweit, dass der Mutter sagt, wie viel Milch noch in ihrer Brust ist und wie viel Milliliter ihr Baby getrunken hat“, sagt Mitentwickler Timi Berkovitch. In Köln gab es dafür einen Innovationspreis.

Den sicherte sich auch eine niederländische Firma für ein „revolutionäres Herstellungsverfahren“: Ihr Kinderwagen besteht komplett aus recyceltem Material - das Gestell aus wiederverwertetem Kunststoff, im Stoffsitz stecken 62 einstige Pet-Flaschen. Habe der „grüne“ Kinderwagen dann irgendwann ausgedient, könne er erneut recycelt werden, erläutert ein Produktingenieur.

Eine Rekordzahl von 1014 Anbietern aus 45 Ländern beteiligt sich an der Fachmesse. Als neues Highlight wird dabei auch ein Dreirad für Knirpse auf dem Weg zum Spielplatz vorgeführt. „Wir haben uns gefragt, wie wir das Dreirad wieder interessant machen können“, sagt Unternehmenssprecher Matthias Sauer. Hinten ist nun ein abnehmbares Eimerchen mit Griff und eingestecktem Sandspielzeug angebracht.

Grundsätzlich wird bei der „Kind+Jugend“ die Sicherheit der Kleinsten großgeschrieben. Das zeigen auch viele Autositze, die noch mehr Schutz geben sollen. Aber auch die Möbelhersteller werben mit höchsten Sicherheitsstandards. Mit dem großen Sicherheitsbedürfnis von Eltern lässt sich gut Umsatz machen, weiß Tobias Effertz, Experte für Kindermarketing an der Uni Hamburg. „Eine zusätzliche Bremse am Kinderwagen etwa suggeriert Sicherheit, obwohl sie tatsächlich aber nicht benötigt wird.“ Sie zeigt sich allerdings im Preis.

Eltern sind spendabel, vor allem bei den Kleinsten. Und die Geburtenrate ist 2012 - nach einem historischen Negativrekord im Vorjahr - wieder geklettert, auf 673 544 Babys. Beides Fakten, die die Branche optimistisch stimmen. Und das Motto „Nur das Beste fürs Kind“ erweist sich für Industrie und Handel als lukrativ, sagt Effertz. Allerdings: „Es werden auch unnötige Dinge oder Zusätze an Produkten angeboten. Die Industrie nutzt die verzerrte Wahrnehmung mancher Eltern auf das, was wirklich notwendig ist für ihre Kinder.“ Auf Tellerchen sind Comicfiguren nett anzusehen - für den hungrigen Nachwuchs aber überflüssig.

Spielzeug steht mit im Fokus - teilweise in knallbuntem und überladendem Design. Gerne versprechen Produzenten, ihre Ware fördere erstes Lernen und motorische Entwicklung der Zwerge. Marketing-Experte Effertz meint dazu, der angepriesene Nutzen werde oft „deutlich überhöht“. Echte Neuheiten zu entwickeln sei schwierig. „Es wird abgeklopft, wie hoch die Zahlungsbereitschaft für neue Zusatzaspekte des Produktes bei Eltern ist“, erklärt Effertz. „Die häufig nur winzigen Unterschiede an Produktvarianten werden dennoch teils fürstlich in der Preiskalkulation berücksichtigt.“