Lesen im Alter trainiert das Gedächtnis
Mainz (dpa/tmn) - Zeit zu schmökern haben Senioren meist genug. Doch im Alter können nachlassende Sehkraft oder fehlende Konzentration die Lust am Lesen mindern. Experten ermutigen Senioren jedoch, das Lesen nicht aufzugeben, sondern ihren Fähigkeiten anzupassen.
Aus Sicht der Fachleute gibt es viele Vorteile, wenn Menschen auch im höheren Alter zu Büchern oder Zeitungen greifen. „Es ist eine besondere Art von geistiger Aktivität, denn es erfordert in der Regel eine höhere Konzentration als beispielsweise Fernsehen“, sagt Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) in Bonn. Durch die Fähigkeit, Wörter im Gehirn in Bilder umzusetzen, werde die Gedächtnisleistung unterstützt. Und durch das Auseinandersetzen mit Texten werden der Wortschatz, der Sprachgebrauch und die Konzentrationsfähigkeit gefördert, ergänzt Simone Helck vom Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) in Köln.
Was passiert im Gehirn, wenn man liest? „Wir bilden neue Synapsen, also Verschaltungen der Nervenzellen im Gehirn aus, wenn wir es stimulieren, also auch beim Lesen“, sagt der Mediziner Manfred Gogol, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie. Einmal im Jahr ein Buch in die Hand zu nehmen, reiche aber nicht aus.
Gogol empfiehlt, sich Literatur über Themen zu suchen, die einen wirklich interessieren. Sind lange Romane zu anstrengend, können Ältere gut auf Kurzgeschichten oder Kurzfassungen von Romanen zurückgreifen. Voraussetzung sei aber in jedem Fall, dass eine Sehschwäche durch einen Augenarzt und Optiker korrigiert wird, etwa durch eine Brille.
Etwa 55 Prozent der über 60-Jährigen geben an, dass sie längeres Lesen anstrengt. Etwa jeder Fünfte in dieser Altersgruppe sagt von sich, dass er beim Lesen öfter Pausen einlegen muss wegen der Augen. Diese Daten stammen aus der Studie „Lesen in Deutschland 2008“ der Stiftung Lesen in Mainz.
Als Antwort auf die Bedürfnisse älterer Menschen haben die Verlage unter anderem Bücher mit Großbuchstaben und einem breiteren Zeilenabstand auf den Markt gebracht. Laut Ursula Lenz von der BAGSO lohnt es sich, in Bibliotheken oder im Buchladen nach Büchern im Großdruckformat zu fragen, und zu sehen, ob man damit zurecht kommt.
Egal, was man liest: Ein wichtiger Aspekt ist laut den Experten die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen auszutauschen. Ob nun Klatschzeitschrift, hochrangige Literatur oder die Tageszeitung als Informationsquelle - es können sich dadurch Gespräche entwickeln. Wer sich alleine fühlt, kann sich beispielsweise einen Literaturkreis suchen. Dort werden Bücher gemeinsam gelesen und besprochen.