Pädagoge: Von früher Bildung hängen spätere Chancen ab
Gießen (dpa) - Wenn Kinder gut in der Schule mitkommen sollen, brauchen sie früh Förderung. Auch wenn das keine neue Erkenntnis ist: Sie wird in den Kitas nicht immer umgesetzt, sagt der Gießener Erziehungswissenschaftler Norbert Neuß.
Der Professor erklärt, was noch zu tun ist.
In den ersten Klassen lernen Grundschüler Lesen, Rechnen, Schreiben - was sollten Kitas den ganz Kleinen vermitteln?
Norbert Neuß: „Kitas sind die erste Bildungseinrichtung im Lebenslauf von Kindern und haben heute einen sehr breiten Bildungsauftrag. Das Lernen hier verläuft anders als in der Grundschule: Es ist stärker an den Themen und Interessen der Kinder und ihren täglichen Situationen ausgerichtet. Das soziale Lernen, das Lernen im Spiel und das sinnlich-ästhetische Lernen haben eine wichtige Rolle. Die Kleinen bekommen hier auch Fähigkeiten, die als Voraussetzung fürs Lernen in der Schule gesehen werden. Insbesondere Kinder aus ökonomisch benachteiligten Familien profitieren vom Besuch einer Krippe.“
Bekommen die Kinder das Bildungsangebot, das sie brauchen?
Neuß: „Es gibt schon sehr viele gute Kitas mit ausgezeichneten Fachkräften und innovativen Konzepten. Allerdings ist die Umsetzung der Vorgaben in 80 Prozent der deutschen Einrichtungen eher mittelmäßig. Das ist ein Ergebnis der sogenannten NUBBEK-Studie. Dabei wurde auch die pädagogische Qualität der Einrichtungen mit der vor 15 Jahren verglichen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Trotz vielfältiger Bemühungen hat sich diese nicht verbessert.“
Was könnte helfen?
Neuß: „Aus internationalen Studien ist bekannt, dass die Bildungsqualität in den Einrichtungen steigt, wenn die Erzieher eine möglichst hohe Ausbildung haben. So konnte nachgewiesen werden, dass Pädagoginnen mit akademischem Abschluss die Kinder zu geistig anspruchsvolleren Aktivitäten und nachhaltigem Denken anregen.“