„Schatzkästchen“: Was Senioren im Stimmungstief hilft
Bonn (dpa/tmn) - Zum alten Eisen gehören, alles Spannende im Leben schon erlebt haben - solche Gefühle beschleichen manch einen älteren Menschen. Nicht selten haben sie dann einen Hang zum Trübsal blasen.
Doch in einem solchen Stimmungstief muss keiner verharren.
Eine ausgeprägte Antriebslosigkeit und eine anhaltende Niedergeschlagenheit können zwar auch Anzeichen einer schweren Depression sein. „Das sollten Betroffene unbedingt von Fachleuten therapieren lassen“, rät Ursula Lenz von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) in Bonn. Sind Senioren leichter verstimmt, können sie aber selbst gegensteuern.
„Die Einstellung entscheidet, wie man sich fühlt und verhält“, sagt der Diplom-Psychologe Rolf Merkle aus Mannheim. Wenn Senioren ihren Blick nur darauf richten, was sie heute nicht mehr können, dann verlieren sie ihre Energie und werden depressiv. Stattdessen ist es aus Sicht von Merkle wichtig, sich darauf zu konzentrieren, welche Möglichkeiten man noch hat, wofür man dankbar sein kann und was einem guttun würde. Drei Tipps für mehr Lebensfreude:
Tipp 1: Sich ein „Schatzkästchen“ zulegen Darin können sich Dinge finden, die einen in eine positive Stimmung versetzen. „Das können schöne Fotos oder ein netter Brief sein“, erklärt Lenz. Oder auch andere Dinge, die in einem Glücksmomente wachrufen. Etwa die erste Haarlocke vom Kind. Oder ein Stein, den man vor Jahren bei einem schönen Urlaub am Strand gefunden hat und der dadurch zu einer Art Glückssymbol geworden ist. Wie genau das „Schatzkästchen“ gefüllt ist, muss jeder für sich entscheiden. Wenn man in einem Tief steckt, kann das „Schatzkästchen“ möglicherweise helfen. „Die Erinnerung an gute Tage kann eine Kraftquelle sein“, betont Lenz.
Tipp 2: Bewegungs-Kurs besuchen „Bewegung hebt die Stimmung“, weiß Lenz. Ängste und Depressionen werden abgebaut. Beispielsweise in Turnvereinen oder an Volkshochschulen gibt es Bewegungs-Kurse, die speziell auf die Bedürfnisse von Senioren zugeschnitten sind. „Bereits ein einmal die Woche durchgeführtes Training kann positive gesundheitliche Effekte erzielen“, sagt Merkle. Ältere über 80 Jahren profitieren etwa von einem muskelerhaltenden oder -aufbauenden Krafttraining. „Aber auch ein täglicher halbstündiger Spaziergang tut schon gute Dienste“, erklärt Merkle.
Tipp 3: Aktiv werden Viele hatten in früheren Zeiten ein Hobby - und haben es mit der Zeit aus welchen Gründen auch immer vernachlässigt. Im Alter können sie es nun wieder pflegen. Der Lebensabend kann aber auch die Zeit sein, in der man endlich das tut, wozu während der Berufsjahre keine Muße da war. Wem gar nichts einfällt, was er machen kann, bekommt zum Beispiel in einer Beratungsstelle der freien Wohlfahrtspflege Anregungen. „Wir setzen uns mit jedem, der oder die zu uns kommt, individuell auseinander“, sagt Claudia Beck, Sprecherin des Deutschen Caritasverbandes in Berlin.
Aktiv werden kann auch bedeuten, ein Ehrenamt zu übernehmen. „Man kann in einer Seniorenorganisation mitarbeiten, Kinder beaufsichtigen oder in der Kirchengemeinde mithelfen“, sagt Merkle. In vielen Städten gibt es Freiwilligenzentren, bei denen Senioren ein ihren Neigungen entsprechendes Ehrenamt finden können.
Diplom-Psychologe Merkle rät außerdem, auch den alten Freundeskreis wieder zu aktivieren oder zu pflegen. Gegebenenfalls kann man sich auch über Senioren-Treffs, die es in vielen Städten und auch Kirchengemeinden gibt, neue Freunde suchen. „Häufig ist es so, dass sich im Gespräch mit anderen die eigene mehr oder weniger schlechte Befindlichkeit relativiert“, weiß Lenz. Und Merkle betont: „Mit Aktivitäten können Senioren dafür sorgen, dass sie erst gar keine Depressionen bekommen.“