Schulpsychologe: „Kindercoaches sind unterschiedlich qualifiziert“
Düsseldorf (dpa/tmn) - Schlechte Noten, Ungeduld bei den Hausaufgaben, Schüchternheit - die Gründe, warum Eltern ihre Töchter und Söhne zu einem Kinder- und Jugendcoach schicken, sind verschieden.
Aus Sicht des Schulpsychologen Stefan Drewes vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen ist das Angebot der Coaches für Kinder nur schwer zu überblicken.
Kinder-Coaching liegt im Trend. Wie schätzen Sie die Angebote auf dem Markt ein?
Drewes: „Der Markt ist noch sehr bunt, und es ist unklar, was tatsächlich dort geschieht. Viele Coaches mit fragwürdigen Qualifikationen springen auf dieses Thema auf und machen Angebote. Auch die angewandten Methoden sind höchst unterschiedlich und nicht leicht zu bewerten. Bei vielem, was ich gesehen habe, fehlt mir ein Wirkungsnachweis, oder es gehört in die Hände von Fachleuten. Und manche beschriebenen Methoden sind schlichtweg nicht sinnvoll.“
Wann kann es für Eltern sinnvoll sein, ihr Kind zu einem Coach zu schicken?
Drewes: „Wenn keine Lernmotivation vorhanden ist, Jugendliche ziellos sind und keine vertraute Person haben, um über ihre Fragen und Zweifel zu sprechen, kann ein Coaching sinnvoll sein. Aber Jugendliche brauchen dazu eine qualifizierte Person, die einschätzen kann, ob es sich um tiefer liegende psychische Probleme handelt, die eher in die Hand eines Psychologen oder Psychologischen Psychotherapeuten gehören. Dieser Grenzbereich ist nicht immer leicht zu erkennen.“
Was sollten Eltern bei der Suche nach einem Coach beachten?
Drewes: „Eltern sollten sich ein persönliches Bild von der Person machen und sich genau ansehen, welche Qualifikationen ein Coach mitbringt und welche Methoden eingesetzt werden. Sind die Methoden tatsächlich wissenschaftlich begründet und nachgewiesen oder werde ich nur von einer Person beeindruckt, die sich gut "verkaufen" kann und vieles verspricht? Sie sollten auch mit ihrem Kind besprechen, welche Veränderung erhoffen sie sich beide von einem Coaching, welche Ziele soll ein Coaching haben? Welche alternativen Beratungsangebote gibt es? Oft führen solche Gespräche schon zu einer Verbesserung der Situation.“
Wo liegen aus Ihrer Sicht die Gefahren?
Drewes: „Zunächst einmal kann das Signal an den Jugendlichen, wir können nichts mehr für Dich tun, und jetzt geben wir Dir einen Coach für Deine Probleme, für die Eltern-Kind-Beziehung fatal sein. Es kann auch den Druck erhöhen, zu funktionieren und "immer gut drauf" zu sein. Es besteht aber auch die Gefahr, dass tiefer liegende psychische Erkrankungen, Überforderungen oder soziale Konflikte im Klassenverband nicht erkannt werden. Ein Anreißen der Probleme auf der falschen Ebene oder eine zu schnelle Ausrichtung auf neue Ziele kann hier mehr schaden als helfen.“