Attraktives Modell Studie: Pflege durch osteuropäische Hilfskräfte nimmt zu

Düsseldorf (dpa) - Pflegebedürftige in Deutschland werden zunehmend von Hilfskräften aus Osteuropa versorgt. Das zeigt ein aktueller Bericht.

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In schätzungsweise 163 000 Privathaushalten lebt bereits eine osteuropäische Hilfskraft für eine „Rund-um-die-Uhr“-Betreuung eines Pflegebedürftigen, wie aus einer Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervorgeht. Das entspreche acht Prozent aller Haushalte, in dem ein Pflegebedürftiger wohnt.

Dieses Modell erscheine vor allem für die Mittelschicht als Alternative zum Heim attraktiv. Die osteuropäischen Hilfskräfte stünden jedoch unter einer extremen Arbeitszeitbelastung. Sie benötigten täglich im Durchschnitt rund zehn Stunden Zeit für ihre Pflege- und Betreuungsaufgaben.

In einer wachsenden Zahl von Haushalten mit einem hohen Pflege- und Betreuungsaufwand werde nach Alternativen zur Heimunterbringung gesucht. Einer Unterbringung in einem Pflegeheim stünden viele Pflegebedürftige und Angehörige skeptisch gegenüber: Sie fürchteten einen Verlust an Selbstständigkeit und an Pflege- beziehungsweise Versorgungsqualität. Demenzkranken falle überdies ein Auszug aus der vertrauten Umgebung besonders schwer.

In diese Versorgungslücke stießen Angebote zur „24-Stunden-Pflege“. Dabei handele es sich um Arbeitskräfte zumeist aus Polen und anderen osteuropäischen Ländern, die in der Regel einige Wochen oder Monate mit im Haushalt wohnten und die Versorgung des pflegebedürftigen Familienmitglieds leisteten.

Bei den meisten Pflegebedürftigen in Deutschland würden aber nach wie vor nahe Angehörige die Betreuung schultern. Gut 70 Prozent aller Pflegebedürftigen in Deutschland werden laut der Studie zu Hause gepflegt. Am häufigsten ist die Tochter die Hauptpflegeperson (29 Prozent). Fast ebenso häufig übernehmen die Lebenspartner die Pflege. Mehr als die Hälfte der befragten Haushalte verzichtet vollkommen auf Unterstützung durch Pflegedienste oder andere professionelle Hilfe.

Schwierig ist die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf, wie auch die Autoren hervorheben: Rund ein Drittel der Hauptpflegepersonen im erwerbsfähigen Alter habe die Arbeitszeit im Job reduziert. 44 Prozent dieser Gruppe seien gar nicht erwerbstätig. Die Pflegenden riskierten damit, im Alter selber mit wenig Geld dazustehen.

Laut Studie, über die zuerst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, erreichen Angebote zur Pflegeberatung Hauptpflegepersonen aus bildungsfernen Schichten oft nicht. Auffällig sei, dass Pflegebedürftige in einkommensstarken Haushalten oft in höhere Pflegestufen eingruppiert seien als solche aus sozial schwächeren Kreisen. Vermutlich gelinge es den Angehörigen höherer Schichten besser, gegenüber der Pflegeversicherung einen größeren Bedarf geltend zu machen.