Väter von heute: Von der Werkbank an den Wickeltisch
Mit dem veränderten Selbstbild hat die Arbeitswelt nicht Schritt gehalten. So mancher Mann stößt beim Thema Elternzeit auf Unverständnis.
Bonn. Das erste Winken seines Sohnes — Thomas* hat es miterlebt. Die ersten neun Monate nach der Geburt von Paul verbrachte er jeden Tag bis abends im Büro. Dann wurde aus dem Entwicklungsingenieur ein Vollzeitvater.
Zwei Monate Elternzeit und vier Wochen Urlaub: Das waren drei kostbare Monate mit seinem Kind. „Tagsüber passiert so viel bei dem Knirps, das wollte ich unbedingt miterleben“, sagt der 31-Jährige.
Thomas gehört zur neuen Generation der Väter, die sich als gleichberechtigt in der Erziehung ihrer Kinder verstehen. Heute legen 88 Prozent der Väter zwischen 25 und 45 Jahren Wert darauf, die Entwicklung ihres Kindes von Anfang an aktiv zu begleiten. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage unter Vätern zwischen 25 und 45 Jahren des Marktforschungsinstituts „Research Now“ hervor.
Sie sehen sich als Vertrauensperson (66 Prozent) und Erzieher (61 Prozent) ihrer Kinder. Die Umfrage ist Teil einer Trendstudie zum Thema „Moderne Väter“, die die Unternehmensberatung Väter gGmbH in Auftrag gegeben hat. Das Fazit: Die neuen Väter ticken anders.
Darauf müssen sich auch die Arbeitgeber einstellen: Immer mehr Väter wollen für den Nachwuchs einige Monate aus dem Berufsleben aussteigen. Seit Einführung des Elterngeldes vermeldet das Statistische Bundesamt regelmäßig neue Höchstwerte von männlichen Beziehern.
In den Chefetagen stößt das größere Engagement der Väter jedoch nicht überall auf Gegenliebe. „Mein Abteilungsleiter hat die Vermutung geäußert, dass es ein Versuch sei, sich zusätzlichen Urlaub zu beschaffen“, berichtet Thomas.
Große Probleme oder gar eine Kündigung muss jedoch niemand erwarten. „Väter sollten sich zunächst einmal bewusstmachen: Sie haben einen Rechtsanspruch auf Elternzeit“, sagt Frauke Greven, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Firma Spielraum — Projekt Vereinbarkeit.
Entscheidend sei der richtige Zeitpunkt für das Gespräch mit dem Chef. „Idealerweise suchen werdende Väter mit ihren Vorgesetzten dann das Gespräch, wenn sie mit der Partnerin eine konkrete Vorstellung entwickelt haben, wie sie sich die Elternzeit aufteilen möchten“, rät Greven.
„Je klarer ein Mitarbeiter seine Elternzeitpläne formuliert, desto besser für beide Seiten“, sagt Christa Stienen vom Bundesverband der Personalmanager und Leiterin im Personalwesen eines Pharmaunternehmens. Werdenden Vätern empfiehlt sie, ihren Plan frühzeitig anzumelden.
In der Praxis funktioniert das aber nur, wenn ein gutes Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber besteht. Markus* ist bei seiner Chefin auf Nummer sicher gegangen. Er hatte mit wenig Verständnis für seinen Wunsch auf Elternzeit gerechnet. Der Kulturmanager informierte sich über die korrekten Formalien des Elternzeitantrags und reichte diesen 7,5 Wochen vor Beginn des Antragzeitraumes ein.
Die gesetzlich vorgeschriebene Frist beträgt sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit, acht Wochen vor Beginn genießen Väter einen Sonderkündigungsschutz.
„Ich habe ihr gesagt, dass diese Frist aus meiner Sicht sehr kurzfristig ist, aber gesetzlich festgelegt, und ich mich deswegen daran halte. Das konnte sie nachvollziehen“, berichtet er. In größeren Unternehmen wäre auch ein vertrauliches Vorgespräch mit dem Betriebsrat oder mit dem zuständigen Mitarbeiter in der Personalabteilung ein möglicher Weg gewesen.