Zusammen schlaflos? Was das gemeinsame Bett Paaren bedeutet
Bern (dpa/tmn) - Er schnarcht, sie schnauft. Er träumt laut, sie wälzt sich, dass die Bettfedern quietschen. Und beide denken: „Was gäbe ich für ein Schlafzimmer für mich allein.“ Aber keiner traut sich, es auszusprechen.
Denn zu einer glücklichen Beziehung gehört doch ein gemeinsames Schlafzimmer mit Doppelbett, oder etwa nicht? Zumindest fallen Paare mit getrennten Betten aus dem Rahmen des Gewohnten. Sollen sie es trotzdem wagen, wenn beide das Gefühl haben, es täte ihnen und ihrem Schlaf gut?
Gründe für getrennte Schlafzimmer lassen sich durchaus finden: „Sehr häufig gibt es Klagen über das Schnarchen des Partners“, erzählt Friedhelm Schwiderski, Paar- und Sexualtherapeut aus Hamburg.
Hier sind tatsächlich meistens die Männer die Übeltäter: „Männer schnarchen häufiger und auch lauter als Frauen“, sagt der Schlafmediziner Thomas Pollmächer, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Ingolstadt.
Ganz gleich, was die Gründe sind: „Wenn der eine Partner sich durch den anderen ständig im Schlaf gestört fühlt, kann das die Beziehung belasten“, sagt Schwiderski. Denn er macht den anderen für seine Schlafprobleme verantwortlich.
Das Problem gehöre deshalb auf den Tisch, wenn beide wach sind: „Ich würde das gemeinsame Schlafzimmer nicht vorschnell aufgeben, ohne zumindest nach einer anderen Lösung des Problems gesucht zu haben“, sagt der Paartherapeut.
Das können Ohrstöpsel sein, unterschiedlich warme Decken oder ein Ausweichzimmer, falls der Job mal zu besonders frühem Aufstehen zwingt. Ganz auf ein gemeinsames Schlafzimmer zu verzichten, bedeute, „dass die Partner körperlich auf Abstand gehen“, sagt Schwiderski. Das setze einen Prozess in Gang, „der nur schwer wieder rückgängig zu machen ist.“
Die Berliner Psychologin und Familientherapeutin Dörte Foertsch sieht das weniger problematisch: „Eine Beziehung kann auch mit getrennten Schlafzimmern funktionieren.“ Schließlich gehöre es zum Wesen einer Partnerschaft, unterschiedliche Bedürfnisse nach Autonomie zu akzeptieren.
Wichtig sei das offene Gespräch über die Beweggründe. „Man könnte es beispielsweise so formulieren: „Ich kann im gemeinsamen Bett einfach nicht gut schlafen. Und ich möchte unsere Beziehung dadurch nicht gefährden““, sagt die Psychologin.
Sich in eine Situation zu fügen, die einem nicht gut tut - also sich jede Nacht schlaflos neben dem schnarchenden Partner hin und her zu wälzen - berge viel mehr Sprengstoff für die Partnerschaft.
Aber: Möglicherweise sind die Schnarchgeräusche gar nicht der Grund für den Wunsch, sich aus dem gemeinsamen Zimmer zurückzuziehen. „Vielleicht fehlt es einem Partner in Wahrheit an anderer Stelle der Beziehung an Raum“, sagt Schwiderski.
Für das Zusammengehörigkeitsgefühl eines Paares spiele das gemeinsame Bett durchaus eine Rolle, sagt Johannes Mathis, Leiter des Schlaf-Wach-Zentrums am Inselspital in Bern. Dabei gehe es nicht nur um Sex - der übrigens auch das Einschlafen fördere - sondern auch um andere beruhigende Rituale.
Wenn beide Partner es wollten, könne eine Beziehung mit getrennten Schlafzimmern sicher funktionieren, betont Paartherapeut Friedhelm Schwiderski, gibt aber zu bedenken: „Kernaspekt einer Partnerschaft ist doch, sich auch körperlich nah zu sein.“
Das könne man sich zwar abgewöhnen, „aber damit verzichtet man auf Ebenen der Kommunikation, die sich im Gespräch einfach nicht erreichen lassen.“