Abstände für Pflanzen: Streit am Gartenzaun vermeiden
Berlin (dpa/tmn) - Lästiges Laub und Bäume, deren Pollen Allergikern das Leben schwermachen. Wenn der Streit um Pflanzen am Gartenzaun eskaliert, landet er nicht selten vor Gericht. Mit einem Blick ins Nachbarrecht kann mancher Disput von vorneherein vermieden werden.
Es ist der klassische Streit zwischen Nachbarn: Die Birke ragt aufs Nachbargrundstück, das Laub verstopft die fremde Regenrinne und nimmt den gepflegten Rosen des Nachbarn das Sonnenlicht. Glücklich ist, wer sich mit seinem Nachbarn gut genug versteht, um das Problem unter vier Augen zu lösen. Landet der Fall vor Gericht, wird es schwierig. Denn die Regeln für Pflanzen an Grundstücksgrenzen sind nicht ganz einfach und nicht bundesweit einheitlich.
Grundsätzlich gilt: „Jeder darf auf seinem Grundstück die Bäume und Pflanzen setzen, die er will“, sagt Kai Warnecke vom Eigentümerverband Haus & Grund Deutschland. Wenn der eine einen englischen Rasen bevorzuge, der andere aber Blumen, sei das völlig in Ordnung. Bei Mietern komme es darauf an, ob es sich um eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus oder um ein Einfamilienhaus mit eigenem Garten handelt, ergänzt Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
In einem Haus mit mehreren Parteien müsse sich der Hobby-Gärtner im Zweifel mit seinen Nachbarn und dem Vermieter abstimmen, beim Einfamilienhaus sei es der Vermieter, der gefragt werden will. „Wenn der Vermieter den Garten als Ziergarten vermietet, kann ich keine Gemüseplantage daraus machen“, sagt Ropertz. Legt sich der Besitzer bei der Gartengestaltung nicht fest, sei der Mieter weitgehend frei. Bei grundlegenden Änderungen, etwa wenn der Mieter stark wachsende Bäume pflanzen wolle, müsse er den Vermieter aber fragen.
An der Grundstücksgrenze gelten aber andere Regeln. Jedes Bundesland habe ein eigenes Nachbarrecht, das sich in Bezug auf die Grundstücksbepflanzung grob in zwei Linien einteilen lasse, sagt Warnecke. Die einen hätten festgelegt, wie nah bestimmte Strauch- und Baumarten am Zaun stehen dürften. Die anderen hätten geregelt, wie weit Pflanzen einer bestimmten Höhe von der Grundstücksgrenze weg gepflanzt werden müssen.
So unterschiedlich die Rechtslage ist, so unterschiedlich sind auch die Ergebnisse, wenn Streitfälle vor Gericht enden. „Urteile gibt es da haufenweise, aber sie sind oft sehr unterschiedlich“, sagt Martin Breidbach, Gartenberater beim Verband Wohneigentum Hessen in Oberursel. Die Richter fällten viele Entscheidungen, die nur auf den Einzelfall anwendbar seien.
„Hauptstreitpunkte sind der Grenzabstand von Gehölzen und zu dicht stehende Hecken“, erklärt Breidbach. Stehen Hecken etwa so nah am Zaun, dass der Besitzer sie nicht mehr von seinem Grundstück aus schneiden könne, sei er auf den Nachbarn angewiesen. Schließlich müsse der ihn dafür auf sein Grundstück lassen.
Breidbach empfiehlt, die Paragrafen des jeweiligen Landesrechts zu lesen und auf eventuelle Vorgaben der Kommunen zu achten. Denn so lässt sich Streit vermeiden. „Außerdem ist es sinnvoll, den Grenzabstand lieber etwas größer zu wählen, um grundsätzliches Streitpotenzial rauszunehmen.“
Generell gilt: Blumen und Büsche, die nicht allzu hoch sind, könnten direkt am Zaun gepflanzt werden, erklärt Warnecke. Zweige und Blätter sollten aber nicht auf das Nachbargrundstück hängen. Gleiches gilt für Hecken. Denn der Nachbar sei berechtigt, Wurzeln an der Grundstücksgrenze zu kappen, erläutert Breidbach. Streit gebe es oft, wenn dadurch dem Baum die Lebensgrundlage genommen werde.
In Hessen beispielsweise seien Bäume und Sträucher in drei Kategorien eingeteilt - von sehr stark wachsend bis klein -, erklärt Breidbach. So müssten stark wachsende Bäume wie die Birke mindestens zwei Meter von der Grundstücksgrenze entfernt gepflanzt werden, erklärt Breidbach. Ein Ranunkelstrauch dagegen darf 40 Zentimeter nah an den Nachbarszaun gesetzt werden. „Bei Hecken definiert sich die Höhe nach dem Abstand zur Grenze“, sagt Breidbach. Wird die Hecke höher als zwei Meter, müsse sie mindestens 75 Zentimeter vom Nachbargrundstück entfernt sein.
Wenn Zweige oder gar Wurzeln des Nachbarn Garten oder Haus stark beeinträchtigen, muss der Besitzer der Hecken oder Bäume Abhilfe schaffen. Das könne der Fall sein, wenn Gemüse wegen des Schattens oder des Laubes nicht mehr wachse oder wenn Wurzeln das Haus des Nachbarn beschädigten. Derjenige, dem der Baum gehört, sei dafür verantwortlich, sagt Warnecke. Der Nachbar dürfe ihm eine angemessene Frist setzen, wenn er sehr gestört werde. Nach Ablauf der Frist dürfe er selbst die Hecke kürzen.
Fühle sich jemand durch Laub oder Schatten auf seinem Gelände gestört, sei das aber noch kein ausreichender Grund zur Klage, sagt Warnecke. Auch wenn man allergisch auf einen Baum des Nachbarn reagiere, müsse der das Gehölz nicht automatisch fällen. „Das gilt als Naturereignis.“