Anleger hören nicht auf Berater-Tipps

Frankfurt/Main (dpa) - Bei Geldanlagen hören die Menschen einer Studie zufolge immer seltener auf die Experten. Sie können die Qualität der Ratschläge nicht einschätzen - und haben in der Vergangenheit bereits Vertrauen verloren.

Anlageberater haben nicht das beste Image. Dazu beigetragen haben neben den zahlreichen grauen Schafen auf dem freien Markt auch die bei den Kreditinstituten angestellten Berater, die in der Vergangenheit häufig ihre Umsatzziele und Provisionen über den Anlageerfolg ihrer Kunden stellten. In der Folge werden selbst gute Tipps kaum noch befolgt, hat der Frankfurter Finanzwissenschaftler Andreas Hackethal herausgefunden.

Die typischen Fehler der Kleinanleger sind in zahlreichen Studien belegt: Privatleute vertrauen in der Regel zu sehr auf ihren Heimatmarkt und scheuen die Vielfalt der weltweiten Anlagemöglichkeiten. Gewinner werden zu früh verkauft, Verlierer zu lange gehalten. Manche handeln zu hektisch und verlieren so viel Geld über Gebühren und Provisionen.

Für ganz falsch hält Hackethal zudem die Konzentration auf einzelne Aktien, weil damit ein hohes Risiko eingegangen werde, ohne dass überdurchschnittliche Chancen entstehen. An den Börsen herrsche ein regelmäßiges Rennen um die besten Informationen, das Laien gegen den Markt nur verlieren könnten. „Privatanleger haben in der Regel keinen Informationsvorteil“, sagt der Professor nüchtern. Sie könnten höchstens mit dem Markt mitlaufen.

Der Gang zum Berater hilft nach früheren Forschungen der Frankfurter gemeinsam mit der Universität Neapel aber nur selten. Zum Teil führte das Wirken der Profis sogar zu schlechteren Ergebnissen im Vergleich zu unberatenen Anlegern. „Die Ergebnisse lassen sich darauf zurückführen, dass die Berater die systematischen Anlagefehler ihrer Kunden nicht ausreichend korrigieren und häufig auch höhere Kosten produzieren“, folgert Hackethal.

In Deutschland sind Titel wie Anlageberater oder Finanzberater nicht geschützt. In der Praxis der großen Strukturvertriebe verkaufen Menschen aller möglichen Berufe nach Feierabend hochkomplexe Finanzprodukte. Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) will die Anforderungen an den Berufsstand daher gesetzlich regeln, die Frankfurter Wissenschaftler beraten sie dabei. Gegen den Widerstand der Kreditwirtschaft wurde bereits ein Register bei der Aufsichtsbehörde BaFin etabliert.

Das häufig empfohlene Modell der Honorarberatung sei nicht das Allheilmittel, glaubt Experte Hackethal. Wenn statt der üblichen Provisionen nun Honorare nach Zeit oder prozentual nach Anlagesummen gezahlt würden, könne auch dies die Berater zu einer minderwertigen Dienstleistung verleiten. „Es gibt nicht das optimale Vergütungsmodell“, sagt der Finanzwissenschaftler. Beratung sei eben ein Vertrauensgut, ihre Qualität nur langfristig erfahrbar.

Die Honorarberater sehen sich hingegen eindeutig im Aufwind. „Nach Lehman besteht ein ständig wachsendes Interesse an unabhängiger Beratung. Die Leute haben Angst davor, in ihrer Bank Produkte aufgeschwätzt zu bekommen, die sie gar nicht brauchen“, sagt Dieter Rauch vom Verbund Deutscher Honorarberater (VDH). Im Gegensatz zu den diversen Arten der offenen und versteckten Provisionen böten Honorarberater klar umrissene Leistungen zu einem vertraglich vereinbarten Entgelt an. Unseriöse Trittbrettfahrer erkenne man am ehesten daran, dass sie nicht ausschließlich Honorarberatung anbieten.

Bei aller Verunsicherung der Konsumenten war für die Frankfurter Wissenschaftler das Ergebnis eines Feldversuchs mit 8000 Kunden eines Online-Brokers erstaunlich. Den Kunden wurde eine zunächst kostenlose und nicht provisionsgetriebene Anlageberatung angeboten. Es wurden im Vergleich zum bisherigen Anlageverhalten mehr internationale Aktien- und kostengünstigere Index-Fonds empfohlen und dafür weniger Einzelaktien und gar keine Anleihen mehr. Obwohl die Kunden im Jahr zuvor im Schnitt sechs Prozent schlechter als der Markt abgeschnitten hatten, nahm nur jeder 20. die Beratung überhaupt an. Von diesen fünf Prozent setzte wiederum nur die Hälfte zumindest einen Teil der Tipps um - zu 100 Prozent folgte niemand, obwohl es sich gelohnt hätte. „Man kann ein Pferd zur Tränke führen, aber eben nicht zum Trinken zwingen“, folgerten die Beobachter.

Die Beratung sei nicht angenommen worden, weil ihre Qualität nicht sofort erkennbar war, sagt Hackethal. „Und deswegen sagt der Kunde, das ist wahrscheinlich eine Beratung wie alle anderen auch, und bleibt lieber bei seinen Fehlern.“ Helfen könne hier nur mehr Selbstkritik und eine bessere Wissensvermittlung über Finanzfragen.