Darf es etwas mehr sein: Bioprodukte werden immer beliebter
Essen (dpa) - Paukenschlag bei Aldi Nord: Der Discounter vergrößert in diesen Wochen sein Bio-Sortiment drastisch. Unter der Eigenmarke „GutBio“ sollen im Standardsortiment künftig über 50 Artikel aus kontrolliert ökologischem Anbau angeboten werden - fast 70 Prozent mehr als bislang.
Nicht nur Eier, Vollmilch und Hackfleisch sollen künftig in Bio-Qualität in den Regalen des Billiganbieters stehen, sondern auch Gemüsekonserven, Tiefkühl-Fisch sowie diverse Fleisch- und Wurstartikel. Aldi Nord reagiere damit auf „veränderte Konsum- und Ernährungsgewohnheiten von Verbrauchern in Deutschland“, betont das Unternehmen.
Tatsächlich gaben die deutschen Haushalte nach Berechnungen des Arbeitskreises Biomarkt im vergangenen Jahr fast 8 Milliarden Euro für Bio-Lebensmittel und -Getränke aus, rund 4,8 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Deutschland ist damit nach den USA der zweitgrößte Biomarkt der Welt.
Und ein Ende des Trends ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: „Die Zahl der Verbraucher, die Wert auf einen gesunden und nachhaltigen Lebensstil legen, wächst kontinuierlich“, berichtet der Marktforscher Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).
Der große Gewinner des Biobooms ist zurzeit nach einer Marktuntersuchung des Arbeitskreises Biomarkt der Naturkosthandel. Vor allem Bio-Supermärkte wie Denn's oder Alnatura konnten 2014 deutliche Zuwächse erzielen, wie Hans-Christoph Behr, Bereichsleiter Verbraucherforschung der im Arbeitskreis federführenden Agrarmarkt Informations-Gesellschaft AMI berichtet. Doch auch die „klassischen“ Supermärkte konnten dank ihrer breiten Angebotspalette bei Bio-Produkten kräftig punkten.
Verlierer waren dagegen die Discounter. Sie haben nach den Zahlen des Arbeitskreises 2014 im Geschäft mit Bio-Produkten sogar leichte Umsatzeinbußen hinnehmen müssen und dementsprechend Marktanteile verloren. Für Branchenkenner Behr ist das nicht verwunderlich. „Es gab eine Zeit, da waren die Discounter sehr heiß auf das Thema Bio. Sie haben relativ viele Produkte eingelistet. Erst danach haben sie geschaut, was sich wirklich verkauft. Und inzwischen haben sie ihr Sortiment bereinigt. Das hat natürlich zu Umsatzeinbußen geführt.“
Die Pläne von Aldi Nord zum Ausbau des Bio-Angebots sind für Handelsexpertin Denise Klug vom Marktinformationsdienst Planet Retail denn auch weniger das Signal für eine neue Offensive der Billiganbieter im Öko-Bereich, als vielmehr der Versuch, bislang Versäumtes nachzuholen. „Aldi Nord hatte beim Thema Bio-Produkte noch Nachholbedarf gegenüber Aldi Süd und auch gegenüber dem Konkurrenten Norma“, urteilt die Marktkennerin.
Tatsächlich sind andere Billiganbieter schon deutlich weiter. Das Schwesterunternehmen Aldi Süd hat nach eigenen Angaben „rund 130 Bio-Produkte als Standard-, Saison- und Aktionsartikel“ im Angebot. Netto bietet unter der Eigenmarke BioBio „über 170 ökologisch zertifizierte Lebensmittel“ an. Norma hat über 140 dauerhaft geführte Bioprodukte in den Regalen, hinzu kommen 110 Bio-Aktionsartikel.
Bei den Supermärkten erreicht das Angebot noch einmal eine andere Dimension. Rewe etwa führt nach eigenen Angaben rund 2000 Artikel mit Bio-Kennzeichnung. Bio-Supermärkte wie Alnatura oder Basic haben sogar 6000 bis 12 000 Bio-Produkte im Angebot. Und die meisten Anbieter wollen ihr Angebot weiter ausbauen.
Wachstumspotenzial beim Thema Bio gibt es schließlich noch reichlich. Bisher kommen die Bioprodukte in Deutschland erst auf einen Marktanteil von knapp vier Prozent. Zum Vergleich: In der Schweiz liegt er bei 6,9 Prozent, in Dänemark sogar bei 8 Prozent. Wachstumspotenzial sieht Marktkenner Behr vor allem noch bei Halbfertig- und Fertigprodukten bis hin zur Bio-Jägersoße. „Bio ist noch sehr frischelastig“, sagt er.