„Der Preis ist richtig“ - Wie Aktienkurse entstehen
Mannheim (dpa/tmn) - Wer ist erfolgreicher mit seinen Aktien? Ein Börsenmakler oder ein Affe? Der Finanzexperte, werden die meisten denken. Doch weit gefehlt. Auch absolute Laien können mit zufällig ausgewählten Wertpapieren eine Überrendite erzielen.
Und erfolgreicher sein als viele Experten.
Diese provokante These stammt von Prof. Burton Malkiel von der Universität Princeton. Er hat sich in den 1970er Jahren mit der Frage beschäftigt, wie effizient Märkte funktionieren. Seine Annahme: „Selbst Affen, die mit verbundenen Augen Dartpfeile auf den Kursteil einer Wirtschaftszeitung werfen, sollten ähnlich gute oder schlechte Portfolios zusammenstellen können, wie Finanzmarktexperten“, erläutert Prof. Martin Weber von der Universität Mannheim.
Diese These wurde durch Experimente überprüft. Die Ergebnisse waren häufig ähnlich: Die Laien - darunter Tiere - lagen mit ihren Depots nicht zwangsläufig schlechter als die Experten. „Häufig konnten sie mit ihrer zufälligen Aktienauswahl sogar überdurchschnittliche Renditen erzielen.“
Und auch wenn solche Experimente nicht immer strengen wissenschaftlichen Kriterien standhalten, ein wahrer Kern lässt sich daraus aus Sicht des Wissenschaftlers doch ableiten: „Aktienpreise entwickeln sich zufällig, weil alle schon verfügbaren Informationen korrekt berücksichtigt sind.“ Nur neue, heute unbekannte Informationen beeinflussen Kurse systematisch.
Finanzwissenschaftler sprechen von einem Random Walk. Dieser lässt sich laut Prof. Weber mathematisch darstellen: Der Preis von morgen ergibt sich aus dem Preis von heute plus einer langfristig positiven Trendkomponente. Auf dieser Grundlage sind präzise Prognosen, die etwa den Dax zu einem festen Zeitpunkt bei einer bestimmten Punktemarke sehen, aus wissenschaftlicher Sicht wertlos. Sinnvoller wären eher vage Vorhersagen, die eine Entwicklung in einer größeren Schwankungsbreite in einem bestimmten Zeitraum in Aussicht stellen.
Doch warum entwickeln sich Aktienkurse zufällig? Erklären lässt sich das mit der Theorie der effizienten Märkte, für die Eugene Fama 2013 den Nobelpreis erhielt. „Diese Theorie baut darauf auf, dass es an den Finanzmärkten eine Vielzahl professioneller Akteure gibt, die miteinander im Wettbewerb stehen“, erklärt Weber. Ihr Ziel ist eine möglichst gute Rendite. Jedem Verkäufer, der einen guten Preis erzielen will, steht ein Käufer gegenüber, der Schnäppchen sucht.
Bei ihrem Streben nach Rendite sammeln die Marktteilnehmer alle relevanten Neuigkeiten, bewerten sie und versuchen, sie auszunutzen. Der aktuelle Kurs spiegelt damit die gemeinsame Haltung aller Marktteilnehmer wieder. Das heißt, er gibt das Niveau an, zu dem die Beteiligten bereit sind, das Wertpapier zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen. „Der aktuelle Preis einer Aktie ist demnach richtig“, erläutert Prof. Weber. Beeinflusst werden kann der Preis nur von neuen, heute nicht bekannten Informationen. „Niemand - egal ob Laie oder Experte - kann Aktienpreisentwicklungen vorhersagen.“
Dennoch überbieten sich Experten stets aufs Neue mit Vorhersagen. Anleger sollten aus Sicht von Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg besser nicht hinhören. „Da können Sie auch gleich eine Münze werfen.“ Erfolgsgeschichten sind vermutlich eher Glück oder Risiko als Können zuzuschreiben.
„Vergessen Sie Timing“, sagt daher Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Der Einstiegszeitpunkt spiele keine große Rolle. Denn langfristig entwickeln sich Aktienmärkte in der Regel positiv. Wichtig sei für Anleger daher der Anlagehorizont. Denn wer viel Zeit hat, kann schlechte Kursphasen aussitzen. Und grundsätzlich gilt: „Wer sein Geld über verschiedene Anlageklassen verteilt, minimiert sein Risiko“, sagt Nauhauser. Und wer die Kosten bei der Anlage minimiert und mit ruhiger Hand investiert, könne auf lange Sicht bei Aktien eine positive Rendite erwarten.