Ehrlich sein - Falsche Angaben kosten Berufsunfähigkeitsschutz
Düsseldorf (dpa/tmn) - Antrag und Konditionen einer Berufsunfähigkeitsversicherung beinhalten viele Fallstricke. Häufig kommt es deswegen im Schadensfall zum Streit mit dem Versicherer. Am Ende entscheiden meist die Gerichte, ob der Versicherer zahlen muss oder nicht.
„Sind Sie in den letzten zehn Jahren in einem Krankenhaus, Klinikum, einer Rehabilitations- oder Kureinrichtung untersucht, beraten oder behandelt worden?“ „Bestehen oder bestanden in den letzten fünf Jahren bei Ihnen Krankheiten, Gesundheits- oder Funktionsstörungen oder Beschwerden des Herzens, an Lunge oder Magen?“ Fragen wie diese bringen die Antragsteller einer Berufsunfähigkeitsversicherung regelmäßig ins Schleudern.
„Bei den Gesundheitsfragen muss man peinlich genau darauf aufpassen, sie korrekt auszufüllen“, sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wenn man sich nicht sicher sei, solle man lieber seinen Arzt fragen. „Da muss man sich auf jeden Fall Rückendeckung holen.“ Denn die Versicherer prüfen die Richtigkeit der Angaben nicht zum Vertragsbeginn, sondern erst im Schadensfall - und dann kommt es regelmäßig zum Streit.
„Oft wird darüber gestritten, ob die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wurde“, sagt Arno Schubach, Fachanwalt für Versicherungsrecht aus Koblenz. Gerade Rückenschmerzen würden oft nicht in den Gesundheitsfragen angegeben, da sie als unwichtig angesehen werden. Doch wer immer mal wieder Rückenschmerzen habe und deswegen beim Arzt auch schon lindernde Spritzen bekam, sollte dies tunlichst seinem Versicherer mitteilen.
Einige Versicherte versuchen sich herauszureden, sie hätten sich nicht erinnern können oder es sei ihnen nicht klar gewesen, dass diese Vorerkrankung wichtig sei. Doch das Oberlandesgericht Karlsruhe stellte vor kurzem noch einmal klar: Wer die Gesundheitsfragen objektiv falsch beantwortet, hat keinen Anspruch auf Zahlungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (Az.: 12 U 140/12).
Auch wer das Antragsformular von einem Vermittler ausfüllen lässt, ist vor Fehlern nicht geschützt. Allerdings muss in einem solchen Fall das Versicherungsunternehmen beweisen, dass der Antragsteller arglistig getäuscht und Angaben verschwiegen hat. Es reicht nicht, einfach nur zu behaupten, der Versicherte habe den Vermittler mündlich nicht ausreichend informiert, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az.: 12 U 20/09).
„Bei Selbstständigen gibt es zudem häufig Streit über die Pflicht zur Umorganisation des Betriebs“, sagt Schubach, der auch Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht im Deutschen Anwaltverein ist. Er nennt ein Beispiel: Ein Installateur, der 20 Gesellen beschäftigt, wird berufsunfähig. Er kann nicht mehr selbst handwerklich tätig sein, könnte aber in den Augen des Versicherungsunternehmens etwa die Rechnungen am Computer bearbeiten. Doch ein Handwerker über 50 habe oft schlicht keine ausreichenden Computer-Kenntnisse, sagt Schubach.
Die Gerichte wurden aber auch schon zu anderen Fragen rund um das Thema Berufsunfähigkeitsversicherung angerufen. So befasste sich das Oberlandesgericht Bremen mit dem maßgeblichen Zeitpunkt für den Eintritt der Berufsunfähigkeit (Az.: 3 U 60/09). Demnach tritt die Berufsunfähigkeit rückblickend betrachtet dann ein, wenn nach Ansicht eines Arztes keine Besserung der Arbeitskraft mehr zu erwarten ist. Der Zeitpunkt des Eintritts der Ausgangserkrankung oder der Arbeitsunfähigkeit sind für diese Frage unwichtig.
Für Auszubildende ist zudem eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az.: IV ZR 119/09) von Bedeutung. Will sich ein Auszubildender versichern, muss der Versicherer den Berufsbegriff auf die Tätigkeiten nach der Ausbildung ausweiten. „Denn als Azubi hat man einen ganz anderen Arbeitsalltag als nach der Ausbildung“, erklärt Schubach.
Konkret ging es um eine Frau, die als Auszubildende zur Sekretärin eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hatte. Während ihrer Ausbildung erlitt sie mehrere Gehirnblutungen, konnte die Ausbildung aber abschließen und danach auch arbeiten, wenn auch in einem anderen Beruf. Die Versicherung hatte sich auf die geänderte Tätigkeit der Frau berufen und wollte die Zahlungen einstellen. Dieses Argument ließ der Bundesgerichtshof nicht gelten.