Existenzgründer müssen ans Finanzamt denken
Berlin (dpa/tmn) - Am Anfang ist alles neu und aufregend: Der erste eigene Laden, in den alles Kapital und eine Menge Zeit fließt. Doch wer wegen des Trubels das Finanzamt vergisst, könnte vom Steuerbescheid geschockt werden.
Denn der Fiskus fordert hohe Nachzahlungen.
Die zündende Geschäftsidee, ein solider Businessplan, der erste Arbeitstag als eigener Chef: Der Schritt in die Selbstständigkeit ist aufregend. Vor allem in der Anfangszeit ist es wichtig, erst mal das Geschäft zum Laufen zu bringen. Allerdings sollten Gründer vor lauter Akquise, Terminplanung oder Wareneinkauf das Finanzamt nicht vergessen. Denn das kann unangenehm werden.
Ist der einzige Grund das mangelnde Steuerwissen des Gründers, ist das besonders ärgerlich. Denn Unwissenheit schützt nicht vor den Folgen. Und die können hart sein: Mitunter fordert das Finanzamt hohe Nachzahlungen, wenn Unternehmer ihre Steuern nicht entrichtet haben. Ein wenig einarbeiten sollten sich Gründer, denn jede Steuerart hat ihre eigenen Feinheiten, die beachtet werden wollen.
Auseinandersetzen sollten sich Existenzgründer beispielsweise mit der Gewerbesteuer. Sie wird von der Gemeinde erhoben, in der das Unternehmen sitzt. Doch nicht alle Gründer müssen sie zahlen. Freiberufler sind von ihr ausgenommen. „Nur welcher Berufszweig freiberuflich ist, und welcher gewerbetreibend, ist manchmal schwer zu erkennen“, sagt Jens Gewinnus vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). So sind etwa kosmetische Berufe gewerblicher Natur, wohingegen Ärzte als Freiberufler arbeiten.
„Gewerbesteuern müssen von Einzelunternehmen oder Personengesellschaften nur gezahlt werden, wenn der Jahresertrag einen Freibetrag von 24 500 Euro übersteigt“, erklärt Gewinnus. Erst dann muss einmal im Kalenderjahr eine Gewerbesteuererklärung abgegeben werden. Gezahlt wird im Voraus. Das bedeutet: Reicht die Vorauszahlung nicht, kommt eine Nachforderung vom Finanzamt.
Auch die Regeln des Umsatzsteuerrechts sollten Gründer kennen. „Bei der Kleinunternehmerregelung kann es sich ein Betrieb aussuchen, ob er seine Produkte mit oder ohne Umsatzsteuer verkaufen möchte“, erklärt Anita Käding vom Bund der Steuerzahler. Allerdings nur, wenn der Jahresumsatz unter 17 500 Euro liegt. Aber Achtung: „Die 17 500 Euro gelten für das Kalenderjahr“, sagt Käding. „Wenn ich mein Unternehmen im Dezember eröffne, gilt für mich nur ein Zwölftel des Betrags.“
Die größte Steuerfalle, in die Gründer tappen können, ist aber eine andere. Fehler in der Jahressteuererklärung rächen sich schnell in Form von Nachforderungen im fünfstelligen Bereich. Das kann jungen Unternehmen unter Umständen das Genick brechen.
Vor allem, weil eine Steuererklärung mitunter lange bearbeitet wird und dann rückwirkend gilt. „Eine Steuererklärung muss regulär bis spätestens 31. Mai des Folgejahrs abgegeben werden“, sagt Käding. Wenn sie von einem Steuerberater angefertigt wird, ist bis Ende Dezember Zeit und in Ausnahmefällen auch länger. In diesem Fall kommt der Bescheid wahrscheinlich im ersten Quartal des nächsten Jahres zurück zum Gründer.
Errechnet das Finanzamt dann eine Steuerschuld, kommt der große Schock: „Das Amt verlangt nämlich eine Nachzahlung für 2012 und denselben Betrag ein weiteres Mal für 2013“, erklärt Markus Deutsch vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV). Hinzu kommt eine entsprechende Vorauszahlung für das Vierteljahr.
Dem Schuldner bleibt kaum etwas anderes übrig, als zu zahlen. „Eine Ratenzahlung ist im Ausnahmefall möglich“, sagt Deutsch. Allerdings müsse sich der Schuldner dann an strenge Vorgaben halten. Er kann auch mit dem Finanzamt über eine Stundung sprechen.
„Das Finanzamt zeigt sich normalerweise kulant, wenn der Gründer einen Ratenplan vorlegt und guten Willen zeigt“, erklärt Anita Käding. Ansonsten hilft nur noch eins: „Zähne zusammenbeißen und durch.“ Im Notfall kann das Finanzamt verlangen, dass ein Kredit zur Tilgung der Steuerschuld aufgenommen wird.
Unternehmer sollten daher Vorsichtsmaßnahmen treffen. Etwa mit dem Investitionsabzugsbetrag: Teure Anschaffungen können bereits vor der Existenzgründung abgeschrieben werden. „Schon drei Jahre vor der Anmeldung eines Betriebs können sie in die Steuererklärung aufgenommen werden“, erläutert Markus Deutsch. Die Wirtschaftsgüter müssen aber bis zum dritten Jahr nach Bildung des Abzugsbetrags angeschafft oder hergestellt werden. Sonst fällt die Förderung rückwirkend weg.
Ein weiterer Tipp: „Legen Sie von Anfang an einen Betrag zurück, um bei einer Forderung nicht in allzu große finanzielle Schwierigkeiten zu kommen“, rät Deutsch. Und es kann nie schaden, sich im Voraus mit dem Steuerrecht zu beschäftigen. „Gewisse Grundkenntnisse über Pflichten in der Selbstständigkeit sollten schon vor der Gründung da sein“, sagt Jens Gewinnus. Schon allein, um zu wissen, ob der Gang zum Steuerberater nicht doch sinnvoll ist.