Nachlassgericht: Sozialer Schwerpunkt bestimmt Ort

Berlin (dpa/tmn) - Bei der Frage, welches Gericht für die Erbangelegenheiten eines Verstorbenen zuständig ist, zählt sein letzter gewöhnlicher Aufenthaltsort. Das muss nicht automatisch der Ort sein, wo der Verstorbene zuletzt gemeldet war.

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Das geht aus einem Beschluss des Kammergerichts Berlin hervor (AZ: 1 AR 8/16), informiert die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Seit August 2015 bestimme das europäische Recht die internationale Zuständigkeit in Erbsachen.

Im verhandelten Fall wohnte ein Mann in Deutschland, arbeitete aber überwiegend im Ausland. Im Jahr 2010 zog er im Alter von 72 nach Polen. Er lebte unweit der deutschen Grenze. Seinen ersten Wohnsitz in Berlin meldet er ab. Er behielt einen Zweitwohnsitz in der Wohnung seiner Tochter - für Meldezwecke. Im Jahr 2016 verstarb er. Die Richter mussten entscheiden, welches Gericht den Nachlass abwickelt.

Zuständig sei das Gericht in Berlin und nicht in Polen, argumentierten sie. Die europäische Erbrechtsverordnung schreibe vor, dass bei dieser Frage der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Verstorbenen ausschlaggebend ist. Das kann auch der Herkunftsort des Erblassers sein, wenn dort ein familiärer und sozialer Schwerpunkt bleibt. Dafür gab es viele Anhaltspunkte: Die Familie des Mannes lebte im Raum Berlin. Er sprach kein Polnisch und war dort in keinem Verein integriert. Der Mann wählte seinen Wohnort nahe der deutsch-polnischen Grenze und besuchte nur in Deutschland Ärzte und Krankenhäuser. Sämtliche Einkünfte bezog er aus Deutschland. Nach Auffassung der Richter bestehe unverändert eine besonders enge und feste Bindung an Berlin - den Heimatort des Erblassers. Eine Lagerhalle und eine Wohnung in Polen zu mieten, sei ausschließlich eine Entscheidung aus wirtschaftlichen Gründen gewesen.