Plötzlich reich - Guter Rat für Lotto-Glückspilze

Potsdam (dpa) - Wer in Deutschland eine stattliche Summe im Lotto gewinnt, bekommt mitunter Besuch - das kann die Großcousine sein, die seit 20 Jahren wieder auftaucht. Es ist aber auch möglich, dass eines Tages ein freundlicher Herr vor der Tür des Glückspilzes steht.

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Mit Stefan Ebert würde man gerne einmal daheim am Küchentisch sitzen. „Ich komme in einer Situation, in der Menschen noch Träume haben“, sagt der 46-Jährige. Der Traum vom Eigenheim, von der Weltreise oder dem Glück, endlich ausgesorgt zu haben. Gedanken, die auftauchen, wenn man feststellt, sechs Richtige im Lotto zu haben - und reich ist. Dann klingelt Ebert an der Tür von Gewinnern.

Er ist Mitarbeiter der Land Brandenburg Lotto GmbH in Potsdam und gibt bei Summen ab 500 000 Euro Tipps zum verantwortungsvollen Umgang mit dem Glück. Auch andere Lotto-Gesellschaften haben solche Berater, wie der Sprecher des Deutschen Lotto- und Totoblocks, Thomas Schäfer, sagt.

Wenn zum Beispiel nach der Samstagsziehung von „6 aus 49“ die Nachricht vom großen Gewinn die Brandenburger Lotto-Gesellschaft erreicht, ist auch schon bald der Gewinner am Telefon. Dann vereinbart Ebert - oder einer seiner beiden Kollegen - einen Termin irgendwo in Brandenburg - am Küchentisch oder etwa in einer Gastwirtschaft. Dort lässt er sich auch die Spielquittung zeigen.

Aufgeregt seien die Gewinner schon. „Sektkorken haben aber noch nie geknallt“, erzählt Ebert. Die Menschen wüssten ja schon von ihrem Glück, er sei derjenige, der es ihnen offiziell bestätigt.

Ebert empfiehlt Gewinnern vor allem Diskretion. „Gehen Sie weiter arbeiten. Kündigen Sie nicht. Sagen Sie dem Chef nicht die Meinung.“ Neider sollten nicht auf den Plan gerufen und unbedachte Aktionen vermieden werden. Also die Nachricht vom neuen Reichtum nicht in der Kneipe herumposaunen, was schon mal passiert sei, und das Geld gut anlegen, sagt Ebert. Auch ein nagelneuer Porsche in der Wohnsiedlung werfe Fragen der Nachbarn auf.

Bei Fragen zu seiner Person ist Ebert ebenfalls diskret. Er möchte als Gewinnberater nicht in der Öffentlichkeit auftauchen - damit nicht das ganze Dorf weiß, wer da an der Tür des Nachbarn klingelt. Stefan Ebert ist auch nicht der richtige Name des Mannes, der als Ressortleiter bei der Land Brandenburg Lotto GmbH arbeitet. Nur Kollegen und seine Ehefrau wüssten, dass er zusätzlich als Gewinnberater tätig sei - seine Kinder dagegen nicht.

Der 46-Jährige mit den kurzen, dunklen Haaren trägt an diesem Tag im Unternehmen einen gedeckten Anzug, weißes Oberhemd und eine rote Krawatte. Im Gespräch werden seine Eigenschaften deutlich, die er als wichtig für seine Arbeit ansieht: seriös, aufgeschlossen, freundlich, kommunikativ - und eben diskret. Wenn man nach Details fragt, legt sich ein feines Lächeln um seine Lippen: „Das habe ich vergessen“. Zum Beispiel, wie das genau war, als er einen Gewinner aufgesucht hat, der mit dem Geld eine Operation bezahlen konnte.

Ebert empfiehlt „Understatement“, wie er es ausdrückt: Menschen könnten einen Lottogewinn zwar zugeben - sollten aber die Millionen verschweigen und lieber von, nun ja, 50 000 Euro sprechen. Oder den Bekannten vom Urlaub auf Gran Canaria erzählen - statt von der Traumreise nach Australien, die man sich endlich leisten konnte.

„Wir raten zur Vorsicht mit dem Geld“, erklärt Thomas Schäfer vom Deutschen Lotto- und Totoblock. Er selber ist neben seiner Arbeit als Sprecher auch Gewinnberater im Saarland. „Sie kriegen manchmal einen Kloß im Hals.“ Etwa in dem Fall, als eine Familie mit einem Gewinn ihr behindertes Kind habe unterstützen können.

Glücksforscher Stephan Lermer hat in der Vergangenheit einmal der Nachrichtenagentur dpa gesagt, dass Lotto-Gewinner auch anderen Menschen eine Freude machen und mit dem Geld etwas bewegen sollten. Nicht immer gelingt es Gewinnern, ihr Glück unbeschwert zu genießen. Ein prominenter Fall ist „Lotto-Lothar“. Der Niedersachse machte in den 1990er Jahren einen Millionengewinn und führte ein aufregendes und aufreibendes Leben in der Öffentlichkeit.

Stefan Ebert sagt, seine „Lebensberatung“ sei erfolgreich, wenn Gewinner anonym blieben und glücklich würden. Selber aufgeregt wirkt Ebert nicht. „Ich fühle mich nicht als Glücksbote. Ich erfülle den Spielvertrag“, meint er mit einem Augenzwinkern.