Telefonaktion Rente und Steuern: Das Finanzamt bittet auch Rentner zur Kasse
Bei einer Telefonaktion zeigten sich viele Ruheständler verunsichert. Auch wenn nicht jeder betroffen ist — Gedanken machen sollte man sich schon.
Düsseldorf. Muss ich Steuern zahlen, muss ich überhaupt eine Steuererklärung abgeben? Bei der Telefonaktion unserer Zeitung nahmen die beteiligten Experten große Verunsicherung bei den meist älteren Anrufern wahr. Katharina teHeesen und Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler NRW sowie Anja Gorris und Lars Emmerich vom Steuerberaterverband Düsseldorf registrierten viele Fälle, in denen die Betroffenen sich zu Unrecht Sorgen machten und am Ende doch nicht unter die Steuerpflicht fallen. Einige der Fragen und die Antworten der Experten:
Muss jeder Rentner eine Steuererklärung abgeben?
Nein, wenn die Einkünfte unterhalb des steuerlichen Existenzminimums von 8004 Euro beziehungsweise 16 008 Euro (Verheiratete) liegen.
Gibt es denn eine Faustformel, die man heranziehen könnte, dass man ab einem bestimmten Betrag steuerpflichtig ist, darunter aber nicht?
Nein, dazu sind die Rentenbiografien zu unterschiedlich.
Mein 102-jähriger Vater ist aufgefordert worden, eine Steuererklärung abzugeben. Er bezieht eine Sozialversicherungsrente von 25 000 Euro jährlich. Im Jahr 2005 waren es noch 24 000 Euro. Die zusätzlichen Steigerungen resultieren aus Rentenerhöhungen. Muss er Steuern zahlen, und wie wird das berechnet?
Im für Ihren Vater maßgeblichen Jahr 2005 lag der steuerfreie Anteil für ihn bei 12 000 Euro, 50 Prozent von 24 000 Euro (siehe Tabelle). Dieser steuerfreie Anteil bleibt ihm weiter erhalten. Er muss nun den steuerpflichtigen Anteil von 13 000 Euro (25 000 minus 12 000 Euro) versteuern. Von diesen 13 000 Euro kann er etwa 3000 Euro als Sonderausgaben (insbesondere Kranken- und Pflegeversicherung) abziehen. Er muss auf den verbleibenden Betrag von etwa 10 000 Euro Steuern bezahlen. Das sind etwa 315 Euro für das vergangene Jahr.
Ich bin 2008 in Rente gegangen. Da betrug mein steuerfreier Rentenanteil 44 Prozent. Was ist mit den später eintretenden Rentenerhöhungen? Werden dafür auch nur 44 Prozent veranschlagt? Und gelten die Prozentanteile für die steuerfreie Rente auch für eine Riester-Rente und für meine Mieteinnahmen?
Nein, Rentensteigerungen werden zu 100 Prozent versteuert. Ebenso eine Riester-Rente oder Mieteinnahmen. Der steuerfreie Rentenanteil von 44 Prozent bezieht sich nur auf die Sozialversicherungsrente.
Ich habe gehört, dass das Finanzamt Briefe verschickt, in denen Rentner zur Steuererklärung aufgerufen werden. Ein Bekannter hatte solch ein Schreiben in der Post, in dem sogar ein roter Zettel enthalten war, den er an seine Steuererklärung heften sollte. Offenbar, weil es besonders wichtig war. Soll ich lieber abwarten, bis auch ich so einen Brief bekomme? Vielleicht bekomme ich ja gar keinen und muss dann auch nichts bezahlen.
Nichts zu tun, kann gefährlich sein. Es könnte nämlich sein, dass später das Finanzamt nicht nur die Nachzahlung von Steuern seit 2005 geltend macht, sondern auch Nachzahlungszinsen auf die ausstehende Steuerschuld fordert — und zwar in Höhe von sechs Prozent.
Ich war schon vor zwei Jahren beim Finanzamt, hatte eine Steuererklärung gemacht, wurde aber wieder nach Hause geschickt. Ich sei nicht steuerpflichtig. Nun habe ich aber doch eine Aufforderung bekommen, eine Steuererklärung abzugeben. Ich hatte mich darauf verlassen, dass ich nichts bezahlen muss und wichtige Belege weggeworfen.
Der Bund der Steuerzahler hat mehrere solcher Fälle. Auch solche, in denen das Finanzamt schriftlich bestätigt hatte, dass der Rentner von der Abgabe der Steuererklärung befreit sei. Darin hieß es sinngemäß: „Sofern sich Ihre Einkommensverhältnisse zum Jahr XY nicht wesentlich ändern, brauchen Sie künftig keine Einkommensteuererklärung abzugeben.“ Der Steuerzahlerbund setzt sich in einem Musterprozess beim Finanzgericht Düsseldorf dafür ein, dass den betroffenen Rentnern die Nachzahlungszinsen, die mit sechs Prozent pro Jahr in heutigen Zeiten ohnehin zu hoch angesetzt sind, erlassen werden.