Alte Knolle neu entdeckt: Kochen mit Topinambur
Burg (dpa/tmn) - Ein leicht nussig-süßlicher Geschmack, roh oder gegart verwendbar: Die alte Kulturpflanze Topinambur erfreut sich wachsender Beliebtheit. Gourmets haben sie längst für die Küche wiederentdeckt.
Auf den ersten Blick wirkt sie wie eine Kreuzung aus Ingwerknolle und Schwarzwurzel. Aufgeschnitten sieht sie eher aus wie eine Kartoffel. Die Rede ist von Topinambur, einem Gemüse, das fast in Vergessenheit geraten ist. Zu Unrecht, wie Peter Franke aus Burg im Spreewald findet. „Früher hat man die Knolle nur in schlechten Zeiten verwendet, sie hat hungernde Menschen satt gemacht“, sagt der Koch. Doch auch in der modernen Küche gebe es viele Einsatzmöglichkeiten. Feinschmecker haben das längst erkannt.
„Meine Gäste sind oft skeptisch, wenn ich ihnen Topinambur empfehle“, erzählt Franke. Er verwendet die Knolle am liebsten roh und sparsam dosiert. Denn sie hat einen eigenwilligen, nussig-süßlichen Geschmack, der eine Speise schnell dominieren kann. „Das entspricht nicht unseren Essgewohnheiten.“ Gerieben und unter einen Möhren- oder Weißkrautsalat gemischt, habe Topinambur aber ein feines Aroma. Auch in Kombination mit frischem Meerrettich schmecke das Gemüse hervorragend. „Mein Kartoffelstampf besteht zu 60 bis 70 Prozent aus Kartoffeln, der Rest ist Topinambur.“
Die Verarbeitung ist unkompliziert. Auch wenn manche Rezepte das Schälen empfehlen: Im Prinzip reiche es, die Knollen gründlich unter fließendem Wasser zu bürsten, sagt Franke. Dann reibe man oder schneide sie klein und gebe sie zum Beispiel mit ins Kochwasser einer Gemüsesuppe. „Wichtig ist, dass man Topinambur nach dem Putzen und Zerkleinern sofort verarbeitet, sonst oxidiert sie“, ergänzt Irmgard Ritzmann von der Europäischen Gesellschaft zur Förderung der Topinambur, kurz Topinambur-Verein. Alternativ legt man sie in Wasser, damit sie nicht braun wird.
Ob roh, gedünstet, gebraten oder frittiert, ob als Püree, im Eintopf oder in der Gemüsepfanne: „Der Zuspruch zur Topinambur wächst“, ist sich Ritzmann sicher. Die Knolle habe längst Einzug in die Gourmetküche gehalten. In sogenannten Werkstatt-Kursen vermittelt Peter Franke Zubereitungsmöglichkeiten. Ein mit Sahne und etwas Käse überbackener Auflauf aus winterlichen Wurzelgemüsen wie Möhren, Knollensellerie und Topinambur steht da ebenso auf dem Programm wie Apfelspalten, die als Snack mit grob geriebener, in Rapsöl oder Butter geschwenkter und mit gegarter Hirse vermischter Topinambur serviert werden.
Die Knolle stammt ursprünglich aus Nordamerika und Kanada. Französische Seefahrer brachten die Korbblütler-Pflanze mit dem botanischen Namen Helianthus tuberosus L. vermutlich im 17. Jahrhundert mit nach Europa. Da sie ähnlich wie Artischocke schmeckt, hat man sie auch Erdartischocke genannt, wie die Autorin Gabriele Redden in ihrem Kochbuch „Vergessene Gemüse“ berichtet.
Der Name Jerusalemartischocke sei eine Verballhornung des französischen Wortes girasol. Das bedeutet Sonnenblume, zu deren Gattung die Topinambur gehört - die kleinen gelben Blüten an den bis zu vier Meter hohen Pflanzen erinnern daran. Allerdings sei ihre europäische Karriere relativ kurz gewesen, weil sie bald von der Kartoffel verdrängt wurde - wie viele andere Rüben und Wurzeln.
Redden empfiehlt, in Butter gebratene Topinamburscheiben mit gebratenen Frühlingszwiebeln und kurz gegartem grünen Spargel als Pfannengericht zu servieren. Wer es knusprig mag, könne die Knolle auch wie Kartoffelchips zubereiten. Dafür wird das Gemüse mit einem Sparschäler in dünne Scheiben geschnitten, gut trocken getupft und im heißen Öl frittiert.
Topinambur-Fans schätzen die Knolle aber nicht nur wegen ihres Aromas und ihrer vielfältigen Verwendbarkeit. „Sie macht satt, sie ist eine richtige Schlankheitsknolle“, sagt Franke. Redden spricht von einer appetithemmenden Wirkung. Und weil die Knolle einen besonders hohen Gehalt an dem stärkeähnlichen Kohlenhydrat Inulin habe, sei sie für Diabetiker ein besonders wertvolles Nahrungsmittel. Denn Inulin wird verstoffwechselt, ohne den Blutzuckerspiegel sonderlich zu belasten, wie der Topinambur-Verein erläutert.