Auszeit mit Tradition - Teestunde bei Friesen und Briten

Hamburg (dpa/tmn) - In der kalten Jahreszeit lassen sich viele Menschen gern einen Tee schmecken. Diesen Moment der Ruhe kann man nach norddeutscher Tradition mit Wölkchenlegen und Friesentorte zelebrieren.

Oder mit typisch britischen Leckereien zur Teatime ergänzen.

Kalte Luft sorgt für rote Wangen, draußen wird es früh dunkel. Da steigt die Lust auf eine gemütliche Teestunde mit einer Kanne auf dem Stövchen und dampfendem Tee in der Tasse. Die Weltmeister im Teetrinken sind die Ostfriesen mit rund 300 Liter Tee pro Kopf und Jahr, gefolgt von Kuwait und Irland. Die Briten kommen auf Platz 6 mit rund 213 Litern jährlich. „Der Durchschnittsdeutsche trinkt rund 27 Liter im Jahr“, sagt Monika Beutgen, Geschäftsführerin des Deutschen Teeverbandes.

Bei den Ostfriesen kommt Tee seit 400 Jahren nicht aus der Mode. Ihre eigene Mischung namens Ostfriesentee enthält mindestens 50 Prozent Assamtee - das kräftige, vollmundige Aroma passt zu Wind und tosendem Meer. „Die andere Hälfte sind Tees aus anderen Anbaugebieten wie etwa Sri Lanka“, erläutert Beutgen.

Aufgebrüht wird das Heißgetränk zum Frühstück, dann gegen 11.00 Uhr als „Elführtje“, gegen 15.00 Uhr, zum Abendbrot sowie oft auch vor dem Schlafengehen. Dabei wird erst eine Teekanne aus Porzellan heiß ausgespült und dann pro Person ein kleiner Teelöffel loser Tee hineingegeben - und immer noch ein Löffel zusätzlich.

Darauf kommt ein wenig kochendes Wasser, so dass ein kräftiger Sud entsteht. Er wird nach fünf Minuten erneut mit kochendem Wasser übergossen. „Und zwar eine Tasse pro Person, plus eine Tasse extra“, erklärt Anke Zimmer, Führerin im Ostfriesischen Teemuseum in Norden.

In dünne Porzellantässchen legt nun jeder ein Stück „Kluntje“ - ein dickes Stück hellen Kandiszucker. Er knistert, wenn er mit heißem Tee übergossen wird. Dann folgt eine echte Ostfriesendisziplin: ein Wölkchen legen. Das passende Werkzeug ist der „Rohmlepel“, der Rahmlöffel - ein kleiner Metalllöffel mit tiefer Kelle.

„Auf ihn gibt man etwas Sahne und lässt sie am Tassenrand von links oben nach links unten in den Tee laufen“, erläutert Zimmer. So fällt die Sahne erst auf den Tassenboden, steigt dann auf - und sieht aus wie ein Wölkchen. „Dass die Sahne links herum in den Tee gefüllt wird, entspricht dem Anhalten der Uhr. Schließlich ist die Teetied eine Pause“, erklärt Zimmer.

Die friesische Auszeit lässt sich durch britische Tradition ergänzen. Neben Süßem wie Scones mit Clotted Cream und Marmelade werden deftige Speisen aufgetischt. Typisch sind Sandwiches mit einer zarten Schicht Frischkäse und dünnen, geschälten Gurkenscheiben oder geräuchertem Lachs. David Levey, Sous-Chef im Pub-Restaurant „George & Dragon“ im englischen Sandwich, hat den Snack aufgepeppt. Zwischen zwei mit Mohn gesprenkelte Weißbrotscheiben gibt er Tomate, Feldsalat und Bacon oder eine Creme aus Mayonnaise, Thunfisch, Schnittlauch, Mais und gehacktem Basilikum. All die Leckereien werden auf einer Etagère mitten im Teegeschirr serviert.

Die Friesen haben sogar ihr eigenes Dekor fürs Teegeschirr: „Erstens die ostfriesische Rose in rot sowie das Strohblumendekor in einem Kobaltblau, auch Friesenblau genannt“, sagt Zimmer. Die Ostfriesen füllen die dünnen Tässchen meist dreimal, dann wird der Löffel in die Tasse gestellt - das Zeichen, dass kein weiterer Tee gewünscht ist. Damit ist der Moment des Innehaltens beendet. Bis zur nächsten „Teetied“.

Literatur:

Rainer Schmidt: Das Teebuch, Braumüller, 176 Seiten, 24,90 Euro, ISBN-13: 978-3-99100-104-1