Bäcker kämpfen um das Backen
Berlin/Hamburg (dpa) - Billige Brötchen sind auf dem Vormarsch. Die Verbraucher kaufen zunehmend bei Lebensmittelketten. Die Bäcker stemmen sich mit Spezialitäten gegen den Trend und kämpfen um den Begriff des Backens.
Der Duft frisch gebackener Brötchen weht den Konsumenten immer häufiger um die Nase. Er ist nicht nur beim Bäcker, sondern zunehmend auch in Supermärkten, Discount-Filialen und in Tankstellen-Shops zu riechen. Das Handwerk kämpft um den Begriff des Backens - und hat dabei Verbraucherschützer auf seiner Seite.
„Wo Brötchen nur aufgewärmt und nicht gebacken werden, muss das auch so benannt werden“, forderte die Verbraucherzentrale Hamburg jüngst in Richtung Lebensmittelhandel, ohne Firmennamen zu nennen. Außerdem sollten die Verbraucher erkennen können, aus welchem Land die Teiglinge stammen, die bei warmen Backwaren zum Einsatz kämen.
Der Trend zum Brotkauf im Supermarkt und bei Discountern hält an. Bundesweit seien schon etwa 15 000 Backstationen in Betrieb. Binnen drei Jahren könnten weitere 10 000 hinzukommen, schätzte der Verband der Großbäckereien im September, dessen Mitgliedsunternehmen von dem Trend profitieren und Lebensmittelhändler mit Teiglingen beliefern.
Gleich mehrere Händler treiben nach Einschätzung der Großbäcker den Aufbau von Technik für Backwaren voran. So kündigte Deutschlands größter Lebensmittelhändler Edeka erst im Mai an, dass die Tochter Netto Marken-Discount in diesem Jahr in etwa 1000 Filialen und damit in einem Viertel ihres Filialnetzes Backstationen aufstellen wird.
Was setzen die Bäcker den Billigbrötchen entgegen? „Es werden immer mehr regionale Spezialitäten angeboten“, sagt Amin Werner, Hauptgeschäftsführer im Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. In einem Brotregister würden bislang 3000 Spezialitäten aufgelistet. Einige Zehntausend könnten es werden, wenn alle Bäcker mitmachen.
Immer mehr Bäcker böten belegte Brötchen und kleine Mittagsnacks an. Der Brotkonsum in Deutschland gehe dennoch zurück - 2011 um vier und 2012 um zwei Prozent, weil die Bevölkerung schrumpft und sich Essgewohnheiten veränderten. „Das Abendbrot wird durch ein Abendessen ersetzt. Das ist ein leichter Trend, dass man Abends warm ist.“
Jeden Tag geht in mehr als einer Bäckerei das Licht für immer aus. Daran haben auch steigende Kosten und Nachfolgeprobleme ihren Anteil. Der Verband der Großbäckereien schätzt, dass bis 2020 die Gesamtzahl der Backunternehmen von rund 14 000 auf etwa 8000 schrumpft. Werner hält ein Abschmelzen auf 10 000 bis 9000 Betriebe für wahrscheinlich.
2012 sank die Bäckerzahl laut Handwerksrolle um 504 auf 13 666. Allerdings übernehmen laut Zentralverband zum Teil andere Bäcker Verkaufsstellen oder bauen zusätzliche Läden auf. Für ihre Filialen stellten auch Handwerksbäcker Teiglinge her. „Ein Unterschied ist, Bäcker wenden den gesamten Backprozess von der Teigzubereitung über die Ruhephase bis hin zum Abbacken im Ofen an“, erläutert Werner.
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks kämpft um den Begriff des Backens auch vor Gericht. Er verklagte vor drei Jahren den Discounter Aldi Süd wegen irreführender Werbung beim Landgericht Duisburg. Die Werbung für gebackenes Brot und Brötchen frisch aus dem Ofen ist aus Sicht des Zentralverbandes eine Verbrauchertäuschung.
Aldi Süd wies die Kritik des Bäckerhandwerks damals zurück und erklärte gleichzeitig, in dem „Backofen“, mit dem zahlreiche Aldi-Süd-Filialen in Süd- und Westdeutschland ausgerüstet werden sollten, finde ein Backvorgang statt. Der Rechtsstreit dauert in der ersten Instanz weiter an und erweist sich damit als eine zähe Angelegenheit.
Der Preis ist laut Marktforschern nicht der einzige Grund, warum Verbraucher an Backstationen zugreifen. Die Zeitersparnis, möglichst viele Waren an einem Ort zu kaufen, spiele ebenso eine Rolle. Bäcker und Einzelhändler arbeiten in vielen Fällen aber auch Hand in Hand, wie die Verkaufstände im Vorkassenbereich von Supermärkten zeigen.