Brustimplantate-Urteil: Betroffene haben Chance auf Schadenersatz
Essen (dpa/tmn) - Für geplatzte Brustimplantate muss nach Ansicht eines französischen Gerichts der TÜV Rheinland haften. Betroffene Frauen können das Unternehmen auf Schadenersatz verklagen - dabei gibt es aber einige Fallstricke.
Nach dem Brustimplantate-Urteil gegen den TÜV Rheinland sind die Chancen von Betroffenen auf Schadenersatz gestiegen. Frauen, deren Implantate der Firma Poly Implant Prothèse (PIP) geplatzt sind, könnten unter Umständen Geld vom deutschen Prüfdienstleister bekommen, wie die Fachanwältin für Medizinrecht Regine Cramer erklärt. Das Urteil gebe allerdings keine Garantie, dass eine Klage gegen den TÜV auch erfolgreich sein werde. „Ein Persilschein ist das natürlich nicht,“ sagt Cramer
Am Donnerstag (14. November) hatte ein Gericht erstmals dem TÜV Rheinland eine Verantwortung im Skandal um minderwertige Brustimplantate gegeben. Rund 1600 betroffene Frauen und sechs Händler hatten gegen das Unternehmen geklagt. Es müsse nun „den Schaden der Importeure und der Opfer“ ausgleichen, entschied die Kammer im französischen Toulon.
Eine Klage gegen den TÜV Rheinland könnte erfolgreich sein, wenn den Frauen wegen der geplatzten Implantate ein körperlicher Schaden entstanden ist, wie Cramer sagt. Wer zum Beispiel eine Entzündung nachweislich wegen eines geplatzten PIP-Implantats bekommen hat und deshalb an der Brust operiert werden musste, der hat vor Gericht Aussicht auf Erfolg.
Frauen allerdings, die ihr unversehrtes Implantat vorsichtshalber entfernen haben lassen, dürfen nicht auf Schadenersatz hoffen.
Keine guten Aussichten haben außerdem Frauen mit geplatzten Implantaten, die an Krebs erkrankt sind. In noch keinem Gerichtsverfahren sei nachgewiesen worden, dass defekte Implantate Brustkrebs verursachten, betont Cramer.
Der TÜV Rheinland kündigte allerdings an, gegen das Urteil in Berufung zu gehen. Dass das Urteil in Frankreich gesprochen wurde, ist für Klägerinnen in Deutschland ein weiterer Aspekt, der das Durchsetzen ihrer Ansprüche erschweren könnte. Wer den Prüfdienstleister verklagt, kann sich zwar auf das Urteil aus Frankreich berufen - die Gerichte in Deutschland müssen es in ihren Verfahren aber nicht zugrunde legen, wie Cramer erklärt. Anders gesagt: Nur weil ein Richter in Toulon findet, dass der TÜV Rheinland seine „Pflicht zur Kontrolle und Wachsamkeit“ verletzt hat, muss das ein Richter in Deutschland noch lange nicht so sehen.
Alles in allem würde Cramer betroffenen Frauen mit geplatzten Implantaten aber trotzdem empfehlen, ihre Ansprüche einzuklagen. „Durch dieses Urteil, dass dem TÜV Versäumnisse vorgeworfen wird, sind die Chancen zumindest besser geworden.“