Die Deutschen fühlen sich immer gesünder
Berlin (dpa) - Die Menschen in Deutschland fühlen sich immer fitter. Drei Viertel der Befragten bezeichnen nach einer Studie ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut.
Der Wert steige seit den 1990er Jahren, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin mit. „Besonders deutlich wird es bei den Älteren“, sagte RKI-Expertin Anke-Christine Saß.
Mehr als jeder zweite über 70 fühle sich gesund - obwohl Menschen in diesem Alter zunehmend Beschwerden haben können. Die Untersuchung ergab aber auch: Wer einen geringen Schulabschluss und weniger Einkommen hat, schätzt seinen allgemeinen gesundheitlichen Zustand schlechter ein und wird häufiger krank als bessergestellte Menschen.
Für die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) erfasste das RKI von 2008 bis 2011 die Daten von 8152 Menschen - knapp die Hälfte davon war schon beim Bundes-Gesundheitssurvey 1998 dabei. Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 18 und 91 Jahren.
Unabhängig von der gefühlten Gesundheit nehmen demnach Wohlstandskrankheiten wie Fettleibigkeit und Diabetes zu, ebenso psychische Probleme. Beispiel Übergewicht: Jede zweite Frau und zwei von drei Männern bringen zu viele Kilos auf die Waage. Fast jeder Vierte ist stark übergewichtig. Dies betrifft laut Studie besonders Menschen, die sozial oder wirtschaftlich nicht so gut gestellt sind.
„Der Sozialstatus beeinflusst die Gesundheit in nahezu allen Bereichen“, sagte Saß. „Mit manchen Präventionskampagnen können nicht alle Zielgruppen erreicht werden.“ Vor allem bei Männern von 30 bis 39 Jahren nahm der Anteil stark Übergewichtiger zu.
Bei jungen Erwachsenen ist das Rauchen und Trinken weiterhin stark verbreitet. Jeder zweite Mann und jede dritte Frau von 18 bis 29 Jahren riskiere durch Alkoholkonsum die Gesundheit, ergaben Antworten auf einen Katalog mehrerer Fragen. In dieser Altersklasse ist auch das Rauchen am stärksten verbreitet. Insgesamt raucht nach der Studie jede vierte Frau und jeder dritte Mann. Die Wissenschaftler sehen hier weiteren Handlungsbedarf.
Insgesamt sehen sie aber auch Effekte der Präventionskampagnen. Mit ihnen rufen etwa Krankenkassen auch durch Bonuszahlungen zu mehr Bewegung auf. So treibt etwa inzwischen rund jeder Vierte regelmäßig mindestens zwei Stunden pro Woche Sport - Männer etwas mehr als Frauen. „Das ist deutlich mehr als noch vor zehn Jahren“, erklärte Saß. „Es ist überraschend.“ Dennoch: Die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen 2,5 Stunden anstrengender Bewegung pro Woche erreichen vier Fünftel nach wie vor nicht.
Bereits vor einem Jahr hatten die Forscher erste DEGS-Ergebnisse vorgelegt, zum Beispiel dass in Deutschland ein Drittel mehr Menschen an Diabetes leidet als vor etwa zehn Jahren. Von der Stoffwechselkrankheit sind 7 Prozent der Männer und 7,4 Prozent der Frauen betroffen, ein Teil des Anstiegs ist altersbedingt. 60,5 Prozent der Frauen und 56,6 Prozent der Männer haben einen erhöhten Cholesterinspiegel.
„Aber wenn man mit Diabetes gut eingestellt ist, fühlt man sich dennoch gut“, erklärte Saß das gesteigerte Wohlbefinden. Dies äußere sich auch darin, dass die Bundesbürger laut Studie seltener zum Arzt gingen. Frauen hatten demnach durchschnittlich 10,7 Arztkontakte pro Jahr, Männer 9,1. Ende der 90er Jahre seien es noch ein bis zwei Kontakte mehr gewesen. Allein auf die im Januar wieder abgeschaffte Praxisgebühr sei das nicht zurückzuführen, hieß es beim RKI.
Erstmals gab es Tests zur körperlichen und geistigen Funktionsfähigkeit bei über 65-Jährigen, und es zeigten sich nur bei einer Minderheit Beeinträchtigungen. So hatte unter den Testpersonen die Greifkraft der Hände bei 9,5 Prozent der Frauen und bei 5,1 Prozent der Männer nachgelassen.
Stressbelastet ist nach der Untersuchung etwa einer von zehn Menschen in Deutschland - Frauen häufiger als Männer. „Menschen mit einer starken Belastung durch chronischen Stress haben häufiger eine depressive Symptomatik, ein Burnout-Syndrom oder Schlafstörung“, erklärten die Forscher. Viele Menschen leiden nach ihren Erkenntnissen unter Lärm. Jeden Dritten stört der Straßenverkehrslärm, einem Viertel der Befragten ist der Nachbar zu laut, jeder Fünfte berichtete über Fluglärm.