Fit für die Piste - Rechtzeitig mit Skigymnastik beginnen
Planegg/Saarbrücken (dpa/tmn) - Schnell in den zwei Wochen vor dem Skiurlaub noch etwas die Kraft und Ausdauer trainieren - das sollte doch reichen, oder? Von wegen: Wer sich so kurzfristig auf die Sportreise vorbereitet, riskiert Unfälle und heftige Verletzungen.
Strahlend blauer Himmel, tief verschneite Hänge, frisch gespurte Loipen - so eine Szenerie lässt das Herz eines jeden Wintersportlers höher schlagen. Doch manchmal kommt schon Minuten später das böse Erwachen: Nach wenigen Metern auf den Langlaufskiern zwicken schon die Waden. Oder bei der ersten Abfahrt von der Bergstation misslingt ein Bremsmanöver, der Skiläufer strauchelt und verdreht sich gleich das Knie. Mit der richtigen Vorbereitung auf den Skiurlaub lassen sich solche Pannen und Unfälle allerdings meist vermeiden.
„Für Spaß am Skifahren sollte man eine gute Grundlagenausdauer haben“, sagt Markus Rothermel vom Bundeslehrteam Alpin im Deutschen Skiverband (DSV). „Die, die sich den Sommer über betätigt haben, tun sich wesentlich leichter und verletzen sich seltener.“ Sinnvoll sei es, das gesamte Jahr über regelmäßig Sport zu treiben, um den Körper in Form zu halten, sagt auch Sabine Kind von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement in Saarbrücken. So blieben Beweglichkeit, Ausdauer, Kraft und Koordination erhalten beziehungsweise ließen sich steigern.
Ein entsprechend fitter Sportler ermüdet beim Wintersport nicht so schnell und beugt damit Verletzungen vor. „Der größte Fahrspaß und das erfüllendste Gleiterlebnis haben ein jähes Ende, sobald es zu einem Sturz oder Unfall mit Verletzungsfolge kommt“, betonen denn auch die Autoren Norbert Henner und Max Holzmann in ihrem Buch „Besser Skifahren“. Auch sie halten es für entscheidend, dass es dem Sportler über die kurze Skisaison hinaus gelingt, seine Technik, Taktik und das damit verbundene Reaktionsvermögen weiterzuentwickeln.
Kraft, Ausdauer und Koordination sind laut Rothermel beim Skifahren die wesentlichen Faktoren. Wer das Jahr über wenig Sport macht, sollte unbedingt drei Monate vor der Reise mit dem Training beginnen, rät er. Denn erst nach sechs bis acht Wochen zeigten sich erste muskuläre Anpassungserscheinungen. „Man sollte daher nicht erst zwei Wochen vor dem Skiurlaub hektisch mit Ausdauertraining beginnen.“ Kind empfiehlt eine Kombination aus Ausdauer-, Beweglichkeits-, Koordinations- und Krafttraining. „Das Ganze mindestens zweimal pro Woche, besser noch dreimal“, lautet ihr Rat.
Um die Grundlagenausdauer zu steigern, bieten sich der Hochschuldozentin zufolge Sportarten wie Joggen, Wandern, Walken, Nordic Walking, Radfahren und Inlineskating, aber auch Crosstrainer und Laufband an. „Gerade für Skilangläufer im klassischen Stil ist Nordic Walking ideal“, sagt sie. „Es stärkt das Herz-Kreislauf-System, die Bewegungsabläufe bei korrekter Technik sind dem Skilanglauf nachempfunden, und der Stockeinsatz stärkt daher zusätzlich die Arm- und Schultermuskulatur.“
Beim gezielten Krafttraining sei es wichtig, einzelne Muskeln nicht isoliert zu trainieren, sondern ganze Muskelketten, erläutert Rothermel. So sei zum Beispiel für das Abfahrtsskifahren eine kräftige Rumpfmuskulatur mindestens genauso wichtig wie die Oberschenkelmuskulatur. „Auch die Armmuskulatur sollte nicht vernachlässigt werden“, ergänzt Kind.
Darüber hinaus bieten sich den Experten zufolge auch kleine Übungen an, die sich gut in den Alltag einflechten lassen. So seien zum Beispiel der Einbeinstand - am besten täglich morgens und abends etwa beim Zähneputzen -, der Unterarmstütz oder Sit-ups sinnvoll, ebenso die Abfahrtshocke oder Seilspringen, sagt Kind. Rothermel empfiehlt „die klassische Kniebeuge korrekt ausgeführt auf dem Wackelbrett“ als ideale Vorbereitung auf eine unebene, holprige Skipiste.
Im Urlaub sollten sich Skisportler dann aber auch bei bester Vorbereitung nicht gleich auf die Piste oder Loipe stürzen. „Zu Beginn, aber auch nach längeren Pausen oder Liftfahrten sollte man sich kurz aufwärmen, um Muskulatur, Sehnen und Bänder auf die bevorstehende Belastung vorzubereiten und Verletzungen vorzubeugen“, rät Kind.
Wichtig sei auch, die sportliche Pistenaktivität nicht zu übertreiben und regelmäßig Pausen einzulegen. „Wer möglicherweise fünf bis acht Stunden auf der Piste verbringt, macht unter Umständen an einem Tag mehr Sport als sonst in einem ganzen Monat“, warnt die Expertin. Denn wer ausgelaugt auf seinen Brettern steht, ist selten in der Lage, sich „situationsangepasst“ zu verhalten, wie es die Buchautoren Henner und Holzmann formulieren. Denn dieses situationsangepasste Verhalten sei es letztlich, das hilft, Unfälle zu vermeiden. Sicherheit beim Skifahren entstehe nämlich nicht durch das Tragen einer bestimmten Ausrüstung, sondern allein durch das Betragen der Menschen, die sich im Schnee tummeln.
Literatur:
Henner, Norbert und Max Holzmann: Besser Skifahren: Das Trainingsbuch, blv, 128 S., 14,95 Euro, ISBN-13: 978-3835409767