Frühe Wechseljahre: Kein Verlust der Weiblichkeit
Hamburg (dpa/tmn) - Wenn Frauen mit Mitte 30 Hitzewallungen oder Schlafstörungen haben, denken sie selten an vorzeitige Wechseljahre. Die Diagnose ist dann umso schockierender - eine gute psychologische Betreuung ist daher ebenso wichtig wie die körperliche Behandlung.
Wechseljahre sind etwas, das viele Frauen nicht gerade herbeisehnen. Da drohen nicht nur unangenehme Begleiterscheinungen. Die Wechseljahre gelten auch als Mitte des Lebens. Danach beginnt das Alter. Für Frauen, bei denen die Wechseljahre früher als erwartet einsetzen, ist es besonders schwer, mit körperlichen Beschwerden und psychischer Belastung umzugehen.
Als Wechseljahre (Klimakterium) bezeichnet man die Zeit der hormonellen Umstellung am Ende der fruchtbaren Phase einer Frau. Sie fängt normalerweise etwa mit dem 45. Lebensjahr an und dauert um die zehn Jahre. Im Zentrum der Wechseljahre steht die Menopause. „Sie ist definiert als die letzte Regelblutung. Das gilt jedoch nur, wenn ein Jahr lang danach keine weitere Monatsblutung mehr stattfindet“, erklärt Wolfgang Cremer, Facharzt für Frauenheilkunde in Hamburg.
„Wenn die letzte Menstruation vor dem 40. Lebensjahr stattfindet, spricht man von vorzeitiger Menopause“, erläutert Prof. Olaf Ortmann von der Universität Regensburg. Bezogen auf die Wechseljahre heißt das: Wenn diese vor dem 35. Lebensjahr beginnen, werden sie als früh bezeichnet. „Betroffen sind davon schätzungsweise bis zu zehn Prozent aller Frauen.“
Viele von ihnen merken dies nur mit Verzögerung. Mit Mitte 30 denkt eine Frau nicht gleich an Wechseljahre, wenn sie mal unter Schlafstörungen oder Hitzewallungen leidet. „Eine eindeutige Diagnose gibt es meist dann, wenn bei einer Untersuchung die Hormonwerte gemessen werden“, sagt Cremer.
Das vorzeitige Eintreten der Wechseljahre kann medizinisch bedingt sein - beispielsweise durch eine Chemotherapie oder die Entfernung der Gebärmutter. Darüber hinaus gibt es sogenannte spontane vorzeitige Wechseljahre. „Die Ursache kann eine Stoffwechselerkrankung oder auch eine Chromosomenstörung sein“, erläutert Ortmann. Meist seien die Ursachen jedoch unklar.
Gemeinsam ist allen Betroffenen: „Sie sind überrascht und stark verunsichert von den Veränderungen in ihrem Körper. Sie müssen erst einmal lernen, sich damit auseinander zu setzen, auch mit möglichen medizinischen Folgen“, sagt Beate Schultz-Zehden, Medizin-Psychologin aus Berlin.
Frauen mit einer frühzeitigen Menopause sollten behandelt werden, weil sich sonst langfristig erhebliche gesundheitliche Probleme bilden - zum Beispiel Osteoporose, sagt Ortmann. „Diese lassen sich durch eine Hormonersatztherapie verhindern oder mindestens verzögern.“ Hormonersatztherapie bedeutet: eine Östrogen-Pille nehmen. „Anders als bei Frauen über 50 ist diese Behandlung völlig unumstritten“, betont Cremer. „Dennoch sollte die Patientin zusammen mit dem behandelnden Arzt in regelmäßigen Abständen prüfen: Brauche ich das Präparat eigentlich noch?“
Neben den körperlichen Beschwerden gilt es, mögliche psychische Probleme zu beachten. „Viele Frauen verschieben heute ihren Kinderwunsch zum Beispiel aus beruflichen Gründen nach hinten“, sagt Schultz-Zehden. Frühzeitige Wechseljahre bedeuten dann, dass sie den Zeitpunkt verpasst haben. Das kann zu großer psychischer Belastung führen. „Für viele Betroffene ist ein weiteres psychisches Problem, dass sie sich nicht mehr als weiblich fühlen“, ergänzt Ortmann.
In dieser Situation sind vor allem der Partner und gute Freundinnen wichtige Stützen. Rat und Hilfe finden Frauen bei einem Gynäkologen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung oder bei einem Psychotherapeuten. Für Patientinnen, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, sind Psychoonkologen wichtige Ansprechpartner.