Gelbsucht ist nur selten gelb - Hepatitis wird oft nicht erkannt
Frankfurt/Main (dpa) - Am 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag, der auf weit verbreitete Viren hinweist. In Deutschland wird viel zu der Leberkrankheit geforscht, aber wenig behandelt. Viele wissen gar nicht, dass sie infiziert sind.
„Die Leber leidet stumm“, sagen Mediziner. Der flapsige Spruch verweist auf ein ernstes Problem: Durch Hepatitis-Viren ausgelöste Leberentzündungen bleiben oft unentdeckt. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass in Deutschland jeweils etwa 400 000 bis 500 000 Menschen eine chronische Hepatitis B oder C haben, die beiden häufigsten Varianten. Das Erstaunliche: „Die wenigsten wissen davon“, schreibt die Deutsche Leberhilfe in Köln.
Frühsymptome wie Fieber, Gliederschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit kann man auch für Grippe halten. Und selbst solche Warnzeichen bleiben oft jahrelang aus. Manchmal fallen bei einer Routineuntersuchung erhöhte Leberwerte auf, „was jedoch oft ignoriert wird“, beklagt die Selbsthilfeorganisation. Unentdeckt können beide Infektionen zu Leberzirrhose und -krebs führen.
„Die Behandlung hat in den letzten zehn Jahren große Fortschritte gemacht“, bilanziert die Leberhilfe zum Welt-Hepatitis-Tag, den die Weltgesundheitsorganisation 2011 eingeführt hat. Das Problem: „Wir können nur helfen, wenn wir wissen, wer betroffen ist“, sagt Prof. Heiner Wedemeyer, Oberarzt an der Medizinischen Hochschule Hannover. Der Tag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Näher als Du denkst“.
Der wissenschaftliche Koordinator der Deutschen Leberstiftung spricht sich für ein Screening aus. Seiner Ansicht nach sollten sich vier Gruppen testen lassen: Wer vor 1991 ein Bluttransfusion bekam, einmal Drogen konsumiert hat, sich im Urlaub ein Tattoo stechen ließ und „alle Patienten mit unklar erhöhten Leberwerten“.
Hepatitis B sei nicht heilbar, aber es gebe Medikamente, die das Virus unterdrückten; gegen Hepatitis C würden voraussichtlich 2014 und 2015 neue, nebenwirkungsfreie Wirkstoffe zugelassen, fasst Wedemeyer den Stand der Therapiemöglichkeiten zusammen. „Damit sind wir in der Lage, eine chronische Erkrankung zu heilen - das ist in der Medizin fast einmalig.“
Auch die Ursachenforschung geht voran. So haben Forscher des Frankfurter Universitätsklinikums kürzlich neue Faktoren ausgemacht, die Hepatitis B begünstigen. Ihre Erkenntnisse wurden im Fachmagazin „Hepatology“ publiziert.
„Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen einem Vitamin-D-Mangel und der Ausbreitung des Hepatitis-B-Virus in der Leber“, erklärt Forschungsgruppenleiter Christian Lange. Eine niedrige Vitamin-D-Konzentration war in dieser Studie eine der stärksten Determinanten für eine hohe Konzentration an Hepatitis-B-Viren im Blut. „Diese Erkenntnis eröffnet völlig neue Möglichkeiten für die medikamentöse Behandlung der Erkrankung“, schreiben die Forscher.
Sie hatten vier Jahre lang mehr als 200 Patienten mit chronischer Hepatitis B untersucht und unter anderem ungewöhnlich oft einen Vitamin-D-Mangel entdeckt. Zudem: Stieg die Konzentration des Vitamins im Blut etwa durch den Einfluss des Sonnenlichtes im Sommer, so sank die Virenzahl - und umgekehrt. Dies legt nach Langes Angaben eine ursächliche Verbindung zwischen dem Vitaminmangel und den Viren nahe. Jetzt will das Team prüfen, inwieweit Vitamin D zur Behandlung chronischer Hepatitis B eingesetzt werden kann.
„In der Forschung ist Deutschland weltweit führend“, sagt Experte Wedemeyer, „in der Versorgung leider nicht“. Zu diesem Ergebnis sei auch eine europaweite Studie gekommen. Einer der Hauptgründe sei, dass es in Deutschland keinen nationalen Aktionsplan gebe, „wir haben einen Flickenteppich“. Einen solchen Plan möchten mehrere Organisationen gemeinsam am Dienstag in Berlin vorstellen.