Gift-Eier in zwölf Bundesländern - Minister: „Keine Entwarnung“

Mit einem Insektizid verseuchte Eier tauchen in immer mehr deutschen Regionen auf - und die Spurensuche läuft. Die Behörden nehmen die Lage ernst, auch wenn sie bisher nicht von akuten Gefahren sprechen.

Foto: Jörg Carstensen/dpa

Berlin. Der Skandal um Millionen giftbelastete Eier zieht in Deutschland weitere Kreise. Inzwischen sei von zwölf betroffenen Bundesländern auszugehen, sagte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) am Donnerstag in Berlin. Eine Schlüsselrolle hätten Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Lage sei „unter Kontrolle“, es gebe aber „noch keine Entwarnung“. Warenströme würden mit Hochdruck untersucht, auch für Produkte mit verarbeiteten Eiern. Ein Ursprung des Skandals sind belastete Eier aus den Niederlanden, die auch in Deutschland in den Handel gelangten - darunter Bio-Eier.

Eine Million Eier aus einer Geflügelfarm in Onstwedde (Niederlande) werden zerstört.

Die Bundesregierung nehme das Geschehen „sehr ernst“, sagte Schmidt. Er fügte hinzu, dass eine akute gesundheitliche Gefährdung für die Verbraucher nach derzeitigem Stand praktisch ausgeschlossen sei. Auch niedersächsische Legehennenhalter stehen unter Verdacht, Ställe mit dem fipronilhaltigem Anti-Läusemittel Dega-16 desinfiziert zu haben. Dort sind nach Angaben des Landesagrarministeriums nunmehr vier Betriebe gesperrt, in denen sich ein Verdacht bestätigt habe.

Vorerst nicht betroffen waren laut Bundesministerium die vier Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Die Discounter Aldi Nord, Aldi Süd und Lidl nahmen Eier von Höfen unter Fipronil-Verdacht aus den Regalen. Einen Verkaufsstopp für alle niederländische Eier verhängten Rewe und Penny.

Nach Angaben des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es vorerst keine Befunde für einen möglicherweise gesundheitsschädlichen Gehalt an Fipronil pro Kilogramm Ei. Bisher vorliegende Daten lägen „um einen Faktor zehn unterhalb“ des kritischen Werts, bis zu dem eine Gefährdung für Erwachsene wie Kinder unwahrscheinlich sei. Dieser Wert gelte sowohl für lose Eier als auch für verarbeitete Produkte. Generell gelte: „Fipronil hat in Eiern nichts zu suchen“, sagte BfR-Abteilungsleiterin Monika Lahrssen-Wiederholt.

Schmidt mahnte eine lückenlose Klärung der Vorgänge an. Zentral sei vor allem, wo im Handel oder anderswo sich noch kontaminierte Eier befinden könnten, die dann aus dem Verkehr zu nehmen seien. Bund und die betroffenen Länder stünden in enger Abstimmung, auch mit den Niederlanden und Belgien würden Informationen ausgetauscht. Verbotene Verwendung des Insektengifts wie bei Hennen sei nicht hinnehmbar und müsse von der Justiz geahndet werden, sagte der Minister.

Nach Einschätzung der EU-Kommission ist die Situation unter Kontrolle. Die Höfe seien identifiziert, Eier geblockt, verseuchte Eier vom Markt genommen, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.

Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte eine rückhaltlose Aufklärung. „Behörden und Unternehmen müssen jetzt nachverfolgen und unverzüglich öffentlich machen, welche Eier betroffen sind und vor allem auch, in welchen Lebensmitteln belastete Eier verarbeitet wurden“, sagte Geschäftsführer Martin Rücker.

In den Niederlanden bleiben noch 138 Geflügelbetriebe gesperrt. Bei Kontrollen seien Spuren von Fipronil in den Eiern festgestellt worden, teilte die Kontrollbehörde NVWA am Donnerstagabend in Utrecht mit. Die übrigen der zuvor insgesamt 180 betroffenen Betriebe seien frei gegeben worden. Inzwischen seien alle belasteten Eier aus den Supermärkten entfernt worden, sagte Behörden-Sprecher Benno Bruggink. „Es sind keine niederländischen Eier mit Fipronil mehr im Handel.“ Insgesamt 180 Betriebe hatten ein Anti-Läusemittel eingesetzt, dem das für Nahrungsmittel verbotene Fipronil beigemischt worden war.

Zu den Ermittlungen gegen das flämische Unternehmen, das als Verursacher verdächtigt wird, machte die Staatsanwaltschaft in Antwerpen keinerlei Angaben. Der Händler soll dem Mittel den Stoff Fipronil beigemischt haben, der in der Geflügelzucht verboten ist. Über eine niederländische Firma wurde das Mittel weiter verbreitet. dpa