HIV und Aids: Behandelbar, aber nicht besiegt

Berlin (dpa) - Rund 80 000 Menschen in Deutschland leben mit dem Aids-Erreger HIV. Zwingend zum Tod führt das Virus längst nicht mehr. Aber wie alt kann ein Infizierter werden?

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Aus der Öffentlichkeit ist Aids seit langem verschwunden. Viele Jugendliche wachsen nicht mehr in dem Bewusstsein auf, sich beim Sex gegen eine möglicherweise lebensbedrohliche Krankheit schützen zu müssen. Dabei leben in Deutschland rund 14 000 Menschen mit dem Virus, ohne es zu wissen. Fragen und Antworten zum Thema Aids und dessen Erreger HIV:

Wann spricht man von HIV, wann von Aids?

Eine Infektion mit dem Humanen Immunschwächevirus (HIV) ist die Ursache für Aids. Wenn das Virus den Körper so sehr schwächt, dass es dem Immunsystem schwerfällt, Infektionen zu bekämpfen, spricht man von Aids. Dann treten lebensbedrohliche Erkrankungen auf, etwa schwere Infektionen oder Tumore, die charakteristisch für eine fortgeschrittene HIV-Erkrankung sind. In der Medizin gilt: Wer weniger als 200 Helferzellen pro Mikroliter Blut aufweist, bei dem besteht ein hohes Risiko für die Krankheiten, die Aids definieren. Die Infektion kann über Monate unauffällig verlaufen und noch nach Jahren in Aids übergehen.

Wo genau richtet das Virus den Schaden an?

In den körpereigenen Helferzellen. Sie haben eine wichtige Funktion bei der Steuerung der Abwehrkräfte, wenn Viren oder Bakterien in den Organismus eindringen - und fatalerweise genau auf diese Zellen hat es das HI-Virus abgesehen. Es dockt an die Helferzellen an, um sich anschließend in ihnen zu vermehren. Der Körper kann sich so nicht mehr ausreichend gegen Krankheiten zur Wehr setzen.

Was bringen Medikamente und Therapien?

Die Medizin ist gegen Virus und Krankheit nicht mehr völlig machtlos. Es gibt seit Mitte der 90er Jahre wirksame Medikamente, die das Virus an der Vermehrung hindern. Meistens werden Infizierte mit einer Kombination aus drei Wirkstoffen behandelt. Die Patienten müssen die teuren Medikamente jedoch lebenslang nehmen. Heutige Medikamente haben deutlich weniger schwere Nebenwirkungen, Komplikationen und Langzeitschäden als noch in den 90er Jahren.

Wie alt kann man mit HIV werden?

Bei konsequenter Therapie können HIV-Infizierte in Ländern wie Deutschland ein normales Alter erreichen. „Wer rechtzeitig anfängt und gut therapiert wird, hat wahrscheinlich eine normale Lebenserwartung“, sagt der Medizinreferent der Deutschen Aids-Hilfe, Armin Schafberger. Dabei handele es sich aber nur um Hochrechnungen.

Afrika ist am stärksten betroffen - aber beschränkt sich das Problem darauf?

Nein. Experten machen sich vor allem über Osteuropa Sorgen. Dort nimmt die Zahl der HIV- und Aids-Fälle besonders stark zu, wie der Osteuropa-Fachmann der Aids-Hilfe, Ludger Schmidt, sagt. Weil etwa in Russland stigmatisierte Gruppen wie Homosexuelle und Drogensüchtige ausgeschlossen würden, trauten sich viele nicht, professionelle Hilfe zu suchen. „Als schwuler Mann besteht eine große Hemmschwelle, in das medizinische System zu gehen. Es findet ganz klar eine Ausgrenzung statt“, sagt Schmidt. Dadurch entstehe eine Dunkelziffer, die immens von den offiziellen Zahlen abweiche.

Ein weiteres Problem ergebe sich aus der Ukraine-Krise, sagt Schmidt: Internationale Geldgeber und Stiftungen - häufig aus den USA - würden sich wegen des Konflikts zurückziehen. „Es gibt kein Funding mehr. Nichtregierungsorganisationen bluten so aus. Die zarten Strukturen, die es dort gibt, brechen dann zusammen.“

Wie ist die Situation in Deutschland?

Vergleichsweise gut. Deutschland ist eines der Länder mit der geringsten Rate von HIV und Aids. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts (RKI) sind etwa 80 000 Menschen in Deutschland mit dem Virus infiziert - rund 14 000 von ihnen wissen jedoch nicht, dass sie den Erreger in sich tragen. Nach der jüngsten Modellrechnung des RKI haben sich in Deutschland 2013 rund 3200 Menschen mit HIV infiziert - davon etwa 2700 Männer. Die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr sei, abgesehen von kleinen Schwankungen, seit 2006 konstant.