Kaffee: Fluch oder Segen?
Berlin (dpa) - Kaffee hat mehrmals einen Imagewandel durchgemacht: Anfangs als Medizin eingesetzt, wurde das Getränk später oft als schädlich geschmäht - bis schließlich wieder positive Effekte stärker im Fokus standen.
Eine Behörde der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Genussmittel nun erneut unter die Lupe genommen.
Was sagt die WHO-Behörde zu Kaffee?
Ein von Kaffee ausgehendes Krebsrisiko lässt sich nach Einschätzung der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) nicht belegen. Studien liefern keine Hinweise darauf, dass das Getränk Tumore von Brust, Prostata oder Bauchspeicheldrüse verursacht. Dagegen gibt es Belege für einen Schutzeffekt gegen Krebs von Leber und Gebärmutter. Für 20 häufige Tumorarten lässt sich keine klare Aussage treffen.
Wie schätzen andere Experten die neue Einstufung ein?
„Die neue Einstufung der IARC überrascht mich nicht“, sagte Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Seit Jahren weisen immer mehr wissenschaftliche Studien eher darauf hin, dass ein höherer Kaffeekonsum möglicherweise sogar das Risiko für chronische Erkrankungen wie Diabetes 2 oder auch manche Krebsformen senken könnte.“
Für welche andere Krebsarten wird noch eine Schutzwirkung diskutiert?
Zum Beispiel für Darmkrebs, aber die Studienlage ist widersprüchlich. Wissenschaftler aus den USA und Israel berichteten kürzlich, dass Kaffeetrinken das Darmkrebs-Risiko verringere. Das Getränk enthalte Inhaltsstoffe wie Antioxidantien, die zur Gesundheit des Darms beitragen, erläuterten sie. Eine Expertin vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam reagierte darauf skeptisch: unter anderem weil die große europäische EPIC-Studie keinen klaren Zusammenhang zwischen Kaffee und Darmkrebs zeigte.
Schadet Kaffee dem Herzen?
Das weiß man auch nicht so genau. Studien zur Frage, ob Kaffee das Infarktrisiko steigern kann, kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die meisten Experten geben aber Entwarnung. Ein im vergangenen Januar veröffentlichter Überblicksartikel von US-Forschern im „Journal of the American Heart Association“ kam zu dem Schluss, dass Kaffee das Risiko für Herzleiden nicht erhöht. Viele Experten betonen mit Blick auf die verschiedensten Gesundheitsfolgen: Es kommt auch auf die Dosis an. Vor allem Schwangere, Stillende und Kranke sollten vorsichtig sein.
Raubt das Genussmittel dem Körper Wasser?
Lange Zeit hat man geglaubt, dass Kaffee dem Körper Flüssigkeit entzieht. Heute weiß man: Das tut er nicht. Tatsächlich kann Koffein zwar harntreibend wirken, bei regelmäßigem Genuss setzt jedoch ein Gewöhnungseffekt ein. Man könne das Getränk zur Flüssigkeitsaufnahme nutzen, schrieben Forscher der britischen Universität Birmingham im Fachmagazin „PLOS ONE“. Der Schriftsteller Franz Kafka soll übrigens gesagt haben: „Kaffee dehydriert den Körper nicht. Ich wäre sonst schon Staub.“
Wieso ist die Wirkung von Kaffee so schwer zu erforschen?
Das hat mehrere Gründe. So reagieren Menschen unterschiedlich auf Koffein - je nachdem, ob sie den Wirkstoff langsamer oder schneller abbauen. Außerdem ist Kaffee nicht gleich Kaffee. Je nach Sorte, Röstung und Zubereitung variieren Wirkung und Inhaltsstoffe. Auch andere Faktoren können Studienergebnisse beeinflussen: Tests an Tieren oder Zellkulturen sind nicht unbedingt auf den Menschen übertragbar. Bei Beobachtungsstudien an Menschen muss der sonstige Lebenswandel berücksichtigt werden. Kaffeetrinker sind zum Beispiel überdurchschnittlich oft Raucher. Auch die Zahl der Inhaltsstoffe - es sind mehr als 1000 - erschwert die Forschung.
Klar ist: Kaffee ist ein Muntermacher. Wieso?
Dafür sorgen vor allem zwei Mechanismen: Zum einen verengt Koffein die Gefäße, das Herz muss das Blut mit mehr Druck pumpen, Herz- und Atemfrequenz steigen, das Gehirn und der Rest des Körpers werden so optimal mit Blut versorgt. Zum anderen blockiert Koffein den Botenstoff Adenosin, der als eine Art Bremse im Gehirn funktioniert und schläfrig macht. Koffein löst diese Bremse. Wer regelmäßig Kaffee trinkt, gewöhnt seinen Körper in aller Regel daran. Bleibt die gewohnte Ration aus, kann das zum Beispiel zu Kopfschmerzen führen.