Süß wie ein Kuss: So gelingt ein luftig-leichtes Baiser
Augsburg (dpa/tmn) - Queen Elizabeth I. adelte das Baiser der Legende nach schon vor mehr als 400 Jahren. Das Eiweißgebäck soll ihr so gut wie ein süßer Kuss geschmeckt haben.
So sei auch der Name „Baiser“ entstanden, das französische Wort für Kuss, erzählt Gabriele Beck, Projektleiterin des Dr. Oetker Back-Clubs. Als Erfinder gilt der italienische Zuckerbäcker Gasparini. Sein Schaumgebäck, auch spanischer Wind oder Meringe genannt, wurde schnell über die Landesgrenzen hinaus bekannt. So erreichte es auch den französischen Hof, wo die Königin es probiert haben soll.
Die Zubereitung des Baisers klingt einfach. „Baiser besteht nur aus zwei Bestandteilen: Eiweiß und Zucker“, erklärt Gerhard Schenk, Präsident des Deutschen Konditorenbunds. Er schwört auf ein Verhältnis von eins zu eins und schlägt erst ein Drittel Eiweiß leicht auf und rührt ein bisschen Zucker unter. Dann wird das zweite Drittel Eiweiß aufgeschlagen und Zucker dazugegeben, dann der letzte Teil. Anschließend trocknet Schenk das Baiser bei schwacher Hitze, etwa 80 Grad, im Backofen.
Alternativ könne man das Baiser auch mit einem Bunsenbrenner abflämmen, bis die Oberfläche leicht gebräunt ist. Bei der Zubereitung begehen viele aber einen grundlegenden Fehler, hat der Konditor beobachtet. „Man liest oft in Büchern, dass man das Eiweiß sehr steif schlagen soll“, erklärt er. Dann aber können sich die kleinen Eiweißzellen im Ofen nicht weiter ausdehnen. Deshalb sollte die Masse besser nur cremig geschlagen werden. Außerdem nehmen Hobbybäcker mitunter zu wenig Zucker.
Baiser sei ein sehr altes, traditionelles Gebäck, das früher oft gemacht wurde, erzählt Schenk. Man habe nicht viele Gewürze gehabt, und die Kosten für die Eiweißteilchen seien recht gering. „Aus Baiser sind viele Abweichungen entstanden“, erzählt der Konditor weiter. Beispielsweise italienische, deutsche und französische Buttercreme - eine leichtere Variante des Klassikers. „Es wurde einfach Butter aufgeschlagen und Baiser untergerührt.“ Schenk empfiehlt besonders die Agnes-Bernauer-Torte, die vor allem in Süddeutschland beliebt ist. Sie besteht aus Nuss- oder Mandelbaiserböden und wird mit Nougatbuttercreme und Sauerkirsche verfeinert.
„Gerade im Frühling und im Sommer ist Baiser wahnsinnig lecker“, sagt Schenk. Der „spanische Wind“ sei im Prinzip eine leichte Masse, da er eine Menge Luft und kein Fett enthält. Um ein leckeres und stabiles Baiser zu bekommen, gibt Gabriele Beck immer eine Prise Salz und etwas Zitronensaft hinzu. Und sie achtet darauf, dass wirklich kein kleines bisschen Eigelb im Eiweiß ist. Auch Rührbesen und Schüssel reinigt sie gründlich vor der Zubereitung. „Fett ist tödlich“, sagt auch Backbuchautor Hannes Weber. Eiweiß lässt sich nur aufschlagen, wenn es fettfrei ist. Außerdem ist Baiser gerade deswegen so lange haltbar, weil es kein Fett enthält.
Auch der große Zuckeranteil macht die Baisers lange haltbar. Der Zucker entzieht dem Gebäck Feuchtigkeit und tötet außerdem Keime. Gerade in heißen Ländern wie Spanien, Italien und Brasilien werde deswegen viel Baiser gemacht, sagt Schenk. Bei hoher Luftfeuchtigkeit wird das Baiser klebrig. Deswegen empfiehlt Schenk, es luftdicht aufzubewahren: am besten in Plastikdosen.
Die süßen Meringe passen besonders gut zu säuerlichen Früchten: „Rhabarber und Johannisbeere sind eine tolle Kombi zu Baiser“, sagt Gabriele Beck. Backbuchautor Weber schwärmt von Rhabarber- und Johannisbeertorten mit Baiser.
Eine weitere Köstlichkeit mit Baiser ist laut Beck die Pavlova. Die Torte mit Sahne und Früchten ist nach der russischen Balletttänzerin Anna Pawlowna Pawlowa benannt. „Es ist ein wunderbares Rezept“, schwärmt Beck. Sie schlägt Eiweiß mit Salz und Zucker zu einem ganzen Berg an Eischnee, unterhebt ihn mit Stärke und backt ihn dann bei niedriger Temperatur. Danach verfeinert sie das Ganze mit Sahnecreme und Früchten. Besonders beliebt sei die Brombeerpavlova.
Baiser lässt sich für Torten verwenden, aber es funktioniert auch als einzelnes „Törtchen“ in verschiedenen Varianten. „Es gibt Baiser mit Mandel, Nuss, getrocknetem Kaffee“, zählt Schenk auf. Der Konditor empfiehlt, Baiser mit Himbeerpulver zu verfeinern oder mit Vanille. Eine herzhafte Variante sei allerdings schwierig, sagt der Konditor. Es gäbe höchstens Salzgebäcke mit geschlagenem Eiweiß. Der große Zuckeranteil im Baiser macht die Zubereitung eines herzhaften Gebäcks allerdings problematisch. Die meisten lieben das Schaumgebäck süß - eben so wie einen Kuss.
Service: Hannes Weber: „Lust auf Backen“, Gräfe und Unzer Verlag, 240 Seiten, ISBN-13: 9783833841781, 24,99 Euro