Kaffee und Tee in einem: Der spritzige Koffein-Kick Cascara
Berlin (dpa/tmn) — Nicht Kaffee und auch nicht Tee: Cascara heißt das neue Mode-Getränk, das aus Kaffeekirschen-Schalen aufgegossen wird. Was die Einheimischen in Kaffee-Anbauländern seit Jahrhunderten trinken, erobert nun hierzulande immer mehr Bars und Coffeeshops.
Als Stefan Richter mal wieder die Finca Mierisch in Nicaragua besuchte, wunderte er sich über das goldgelbe, bernsteinfarbene Getränk, das da in der French-Press-Kanne auf dem Frühstückstisch stand. „Für Kaffee war das einfach zu hell“, erinnert sich der Besitzer der „Berliner Kaffeerösterei“. Und in der Tat, nicht Kaffee war da in der Kanne, sondern Cascara — ein Getränk, das aus Kaffeekirschen aufgeschüttet wird.
Seit gut zwei Jahren bietet er nun sowohl die getrockneten Kaffeekirschen als auch das Getränk in seinem Café und Shop an. Und nicht nur er. Heiß als Energiespender am Morgen oder als kühle Erfrischung mit Soda, Zitrone oder Eiswürfeln erobert Cascara Coffeeshops und Cafés. Es schmeckt Teetrinkern, Kaffeeliebhabern und vor allem Menschen, die gerne Saftschorlen oder Früchtetees trinken.
Dabei ist der Name Kaffeekirsche ein wenig verwirrend. Zur Aufklärung: Als Kaffeekirsche wird die fleischige Schale bezeichnet. Bleibt man im Bild, wäre die Kaffeebohne der Kirschkern. „Häufig wurde und wird nur der Kern, die Kaffeebohne genutzt, das wertvolle Fruchtfleisch aber weggeworfen, was absolut schade ist“, sagt Richter. Das wäre ja so, als werfe man das Kirschfleisch weg. Je nach Kaffeesorte geben die Schalen feine Geschmacksnoten von Honig und Orange ab, Koffein sowieso.
„Das Koffein dient der Kaffeebohne als Insektenschutz, entsprechend höher ist der Gehalt in der Schale“, erklärt Christian Niemeyer von dem Coffeeshop „Woyton“ in Düsseldorf, der zahlreiche Läden im Rheinland betreibt. „In einem Glas Cascara steckt sechs- bis achtmal mehr Koffein als in einer Tasse Kaffee, ist also ein echter Wachmacher“, sagt der Kaffeeliebhaber. „Ich trinke ihn am liebsten eiskalt als Schorle mit Wasser oder Maracujasaft oder aber als Lemon Squash.“ Also mit Zitronensaft oder Zitronenlimonade. Pur schätzt Niemeyer den Cascara wegen seiner besonders herben Note.
Auch das Café „less political“ im Hamburger Szeneviertel Schanze bietet den Cascara seit geraumer Zeit an, vor allem als Erfrischungsgetränk, etwa als Cascara Fizz mit Tonic Water. „In Londoner Bars gehört er inzwischen zum Standard“, erzählt Mitinhaberin Filine Manthey.
Die Zubereitung ist denkbar einfach: Je nach Sorte gießt man etwa fünf Esslöffel mit einem Liter 95 Grad heißen Wasser auf und lässt ihn mindestens vier Minuten ziehen, wie der Tipp des Online-Anbieters Green Cup Coffee aus Passau lautet. Im Gegensatz zu Tee ist die Brühzeit nicht so penibel einzuhalten. Je länger Cascara zieht, desto intensiver der Geschmack. „Man lässt die Schalen einfach in der Kanne, dort setzen sie sich dann sowieso ab“, erklärt Wenke Rittmeyer von Green Cup Coffee. Danach genießt man ihn entweder als Heißgetränk, fügt Eiswürfel oder Kaltgetränke dazu.
Für Kaffeeländer wie Jemen, Bolivien oder Panama ist der Cascara alles andere als ein Trendgetränk. „Dort trank man ihn lange, bevor man anfing, die Bohnen zu rösten und als Kaffee zu trinken“, erzählt Rittmeyer. Als dann später der Kaffee-Export begann, tranken die Einheimischen weiterhin den Aufguss aus den Schalen, weil er viel preiswerter war. „So entstand schließlich die Bezeichnung "the poor man's coffee"“, sagt Rittmeyer. Auch heute ist Cascara immer noch etwas preiswerter als Kaffee. Weniger auf- und anregend ist er deshalb noch lange nicht.