Kampf gegen Brustkrebs: Heilungschancen steigen
Mammografie-Expertin Karin Bock über den Erfolg des Screening-Programms.
Marburg. Brustkrebs kostet jedes Jahr 17 000 Frauen in Deutschland das Leben — so viele wie keine andere Krebsart. Seit 2005 soll das Mammografie-Screening die Sterbezahlen senken. Tatsächlich entdeckten seither Ärzte rund doppelt so viele kleine Tumore wie früher, heißt es im neuen Bericht der Kooperationsgemeinschaft Mammografie, der gestern beim Deutschen Krebskongress in Berlin vorgestellt wurde.
Damit ist eine Heilung erkrankter Frauen leichter möglich als früher. Es gebe daher Hoffnung, dass die Sterbezahlen sinken, sagt Karin Bock, Leiterin des Referenzzentrums Mammografie Südwest in Marburg.
Frau Bock, wie kann das Screening mehr Frauen das Leben retten?
Karin Bock: Wir entdecken die Tumore jetzt früher. Und sie sind kleiner. Kleine Tumore bieten viel bessere Chancen auf eine Komplettheilung. Für eine belastbare Analyse der Todesfallzahlen brauchen wir jedoch zehn Jahre. Denn Frauen sterben nicht unmittelbar nach der Diagnose einer Brustkrebserkrankung. Gute Nachrichten gibt es aus den Niederlanden. Die Holländer screenen schon seit den 90er Jahren mit den gleichen Parametern wie wir. Dort gibt es heute eindeutig weniger Brustkrebs-Tote. Ich gehe davon aus, dass wir diesen Effekt ab 2015 auch bei uns nachweisen können.
Welche Fortschritte hat das Programm bisher gebracht?
Bock: Ich mag mir die Vergangenheit vor 15 oder 20 Jahren gar nicht mehr vorstellen. Da wurde Frauen vor der Operation gesagt, dass ein Schnellschnitt gemacht wird. Und wenn der Tumor bösartig sei, würde weiteroperiert. Die Frauen sind aus der Narkose aufgewacht und haben nachgeschaut, ob ihre Brust noch da ist. Das war furchtbar und geht heute gar nicht mehr. Vor einer OP wird genau abgeklärt, wie es steht. Die Patientin weiß, was passiert. Und da wir viele Tumore im Frühstadium entdecken, sind viele Operationen nicht groß. Die meisten Frauen können heute ihre Brust behalten.
Es gibt Kritiker, die zu viele falsch-positive Befunde bei den Röntgenuntersuchungen kritisieren. Was sagen Sie ihnen?
Bock: Es wird immer Befunde geben, bei denen wir nicht ganz sicher sind, ob etwas Bösartiges dahintersteckt. Wir wollen trotzdem möglichst wenige Frauen unnötig verängstigen. Wenn wir sie aber nicht zu einer zweiten Untersuchung bitten, werden wir viele kleine Befunde vielleicht nicht erkennen. Von hundert Frauen werden in der Regel fünf ein zweites Mal eingeladen. Vier von ihnen sind gesund. Nur bei einer wird mit einer kleinen Nadel eine Gewebeprobe entnommen. Bei ihr stehen die Chancen auf eine schlechte Nachricht dann 50:50.
Haben viele Frauen Angst vor dieser Untersuchung?
Bock: Natürlich gibt es Verunsicherung. Einige Frauen glauben, dass das Zusammendrücken der Brust Krebs auslösen kann. Das ist nicht der Fall. Die Untersuchung ist tatsächlich nicht angenehm. Aber wir müssen die Brust komprimieren. Zum einen brauchen wir dann weniger Strahlen, die Belastung durch die Untersuchung ist also geringer. Und zum Zweiten können wir auch die Röntgenbilder viel besser beurteilen. Das ist wie bei einem Teich — wenn man in 20 Zentimeter Tiefe schaut, sieht man mehr als in zwei Metern Tiefe.